Der Ukraine-Krieg führt in Deutschland zu Anfeindungen gegen Russisch sprechende Menschen - doch wie viele Fälle sind den Behörden bekannt? Ein Überblick.
Es sind mittlerweile neun Listen und diverse Pressemitteilungen, die eines beispielhaft beweisen sollen: Es gebe eine große Diskriminierungswelle gegen die russischsprachige Bevölkerung in Deutschland.
Überprüfung schwierig
Herausgeber ist die russische Botschaft in Berlin. Sie listet Fälle von "Mobbing, Belästigung, Drohungen, Angriffen oder physischer Gewalt" auf - allein mehrere Hundert Fälle sollen bei ihr in den ersten Tagen nach dem Aufruf Anfang März eingegangen sein. Doch die Quellen der Beispiele sind oft unklar - die Fälle oft sehr vage geschildert. Überprüfen lässt sich so kaum ein Fall. Ein Beispiel:
Wann, wie, wo geschahen die Taten genau? Viele Fragen bleiben offen. Was bleibt, ist ein Gefühl der Unsicherheit.
- Putins Krieg oder Russlands Krieg?
Oft ist die Rede von "Putins Krieg" gegen die Ukraine. Doch wie steht eigentlich die Mehrheit der Russen zu diesem Krieg?
Polizeiliche Ermittlungen
Andere Fälle lassen sich überprüfen, auch der einer Sprachassistentin in Esslingen. So soll Violette I. "seitens einer ukrainischen Mitbewohnerin in der Wohngemeinschaft gemobbt, bedroht und zu Unrecht beschuldigt worden sein, Geld gestohlen zu haben (…)."
Das Polizeipräsidium Reutlingen kann den Vorfall bestätigen, doch: "Aufgrund widersprüchlicher Aussagen zum genauen Hergang kann er noch nicht abschließend bewertet werden", hieß es vor Kurzem.
Jeder einzelne Fall ist einer zu viel
Ob Fake, oder nicht - fest steht: Es gibt reale Fälle. Immer wieder berichten russischsprachige Personen über Anfeindungen oder Diskriminierung, etwa in der Schule oder bei der Arbeit.
Jeder einzelne Fall ist einer zu viel - Ängste und ein Gefühl der Verunsicherung werden ausgelöst. Einige Personen fühlen sich gar an die Zeit erinnert, als sie selber neu nach Deutschland kamen und als "fremd" galten.
Angefeindet und ausgegrenzt
Wie viele Anfeindungen und Angriffe sind den Behörden bekannt?
Wie groß das Problem tatsächlich ist, bleibt schwer einzuordnen. ZDFheute hat bei den zuständigen Innenministerien und Polizeipräsidien der Bundesländer nachgefragt, um den aktuellen Stand abzufragen. Die Frage: Wie viele Anfeindungen und Angriffe sind den Behörden gegenüber Russen und Russlanddeutschen bekannt - bezogen auf den Zeitraum seit Kriegsbeginn Ende Februar?
Ergebnis: Die gemeldeten Straftaten befinden sich auf einem niedrigen Niveau. Gleichwohl muss eingeschränkt werden: Nicht alle Anfeindungen werden angezeigt - viele passieren im privaten Bereich. Dennoch können die Zahlen zumindest einen Hinweis auf die Größe des Phänomens geben.
- Baden-Württemberg: 7 Fälle politisch motivierter Kriminalität (Stand: 13.4.2022)
- Berlin: 91 politisch motivierte Sachverhalte mit anti-rusisschem Kontext (Stand: 12.4.2022)
- Brandenburg: 3 politisch motivierte Straftaten (Stand: 12.4.2022)
- Bremen: 6 Straftaten (Stand: 13.4.2022)
- Hamburg: 0 Straftaten (Stand: 12.4.2022)
- Hessen: Straftaten im niedrigen zweistelligen Bereich (Stand: 13.4.2022)
- Mecklenburg-Vorpommern: 4 Straftaten gegen Personen russischer Staatsangehörigkeit (Stand 22.4.2022)
- Niedersachsen: 15 Straftaten gegen russische Staatsangehörige (Stand 12.4.2022)
- Nordrhein-Westfalen: 89 Straftaten ohne Versammlungsbezug gegen mutmaßlich russische Geschädigte (Stand: 12.4.2022)
- Rheinland-Pfalz: anti-russische Delikte im mittleren zweistelligen Bereich (Stand: 16.4.2022)
- Sachsen: mittlerer zweistelliger Bereich (Stand: 20.4.2022)
- Sachsen-Anhalt: 7 Straftaten (Stand: 12.4.2022)
- Saarland: zwei Sachverhalte (Stand: 19.4.2022)
- Thüringen: 7 Straftaten (Stand 28.04.2022)
Bei diesen Bundesländern wurden generell Straftaten im Kontext des Ukraine-Krieges ausgewiesen - ohne weiteren Hintergrund der Personen:
- Bayern: 15 Straftaten (Beleidigungs- oder Sachbeschädigungsdelikte - 1. Quartal)
- Schleswig-Holstein: Straftaten im mittleren einstelligen Bereich (Stand: 13.4.2022)
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Massenphänomen oder Stimmungsmache?
Doch wie passen die gemeldeten Straftaten mit der Stimmung zusammen - zu pro-russischen Autokorsos und Demonstrationen gegen Russophobie? Migrationsforscher Jannis Panagiotidis erklärt, dass es seit Beginn des Krieges eine wachsende Verunsicherung in den russischsprechenden Communities gebe.
Wichtig sei festzuhalten, dass es zwar reale Vorfälle gebe, aber auch eine Gerüchteküche, die zum Teil gezielt angeheizt werde, so Panagiotidis weiter. Von einem Massenphänomen von Anfeindungen gehe er derzeit aber nicht aus, trotz möglicher Dunkelziffer.
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Gleichzeitig sind die veröffentlichten Listen der russischen Botschaft kritisch zu sehen. Der Zweck sei offenbar, ein Szenario heraufzubeschwören, in dem sich russischsprachige Menschen in Deutschland bedroht fühlten, erklärt Panagiotidis.
Doch auch hier sei eines wichtig: Es sei eine Minderheit, die sich mobilisieren lasse, keine Mehrheit.
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