Die vielen Corona-Fälle bei Arbeitern in Schlachthöfen rücken die Arbeitsbedingungen in den Fokus. Arbeitsminister Heil kündigte an, gegen die Missstände vorzugehen.
Wegen der massiven Ausbreitung von Corona-Infektionen bei Mitarbeitern von Schlachthöfen kündigt Kanzlerin Merkel Konsequenzen an. Bundesweit sollen zahlreiche Beschäftigte getestet werden.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Konsequenzen aus den Missständen in der Fleischindustrie ziehen. Das Corona-Kabinett am kommenden Montag wolle strengere Vorschriften beschließen. Die massenhaften Corona-Infektionen in der Belegschaft mehrerer Schlachthöfe seien "beschämend" und "nicht zu tolerieren", sagte Heil in einer Aktuellen Stunde im Bundestag und versprach: "Wir werden aufräumen mit diesen Verhältnissen." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von "erschreckenden Nachrichten".
Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Das Subunternehmertum in der Fleischbranche sei die "Wurzel des Übels", sagte Heil. Deshalb warb er dafür, grundsätzlich über die derzeit weit verbreiteten Werksvertrags-Konstruktionen nachzudenken. Darüber hinaus machte sich der Minister für bundesweit verbindliche Kontrollquoten stark. Viele Bundesländer hätten bei den zuständigen Behörden zu stark gespart, um die Einhaltung der bestehenden Arbeitsschutzregeln zu überprüfen.
Corona-Infektionen in Schlachtbetrieben
In mehreren Schlachtbetrieben - etwa im westfälischen Coesfeld und im schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt - waren Corona-Infektionen bei einer Vielzahl von Beschäftigten festgestellt worden. Die Arbeitsbedingungen in der Branche sind dadurch ebenso in den Blickpunkt gerückt wie die oft überfüllten Sammelunterkünfte der zahlreichen osteuropäischen Leiharbeiter.
Bei Deutschlands größtem Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen wurden bislang allerdings keine Corona-Fälle entdeckt.
Positionen zu Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen
Jutta Krellmann von der Linken forderte unter anderem ein Verbot von Werkverträgen, klare Regeln für die Unterkünfte und einen brancheneinheitlichen Mindestlohn. Der Grünen-Parlamentarier Friedrich Ostendorff machte sich für eine Schließung von Betrieben stark, solange keine Mindestabstände und eine Einzelunterbringung der Arbeitskräfte gewährleistet sind.
Der agrarpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Stephan Protschka, warnte hingegen, bei zusätzlichen Verboten und Auflagen drohe eine Abwanderung der Schlachtbetriebe ins Ausland. Auch der FDP-Abgeordnete Carlo Cronenberg setzt auf strengere Kontrollen statt auf neue Gesetze: "Wir haben kein Rechtssetzungsproblem - wir haben ein Rechtsdurchsetzungsproblem."