Die Infektionszahlen werden im Herbst "unweigerlich" steigen, warnt Weltärztechef Montgomery. Er und RKI-Chef Wieler fordern, gesetzliche Maßnahmen vorzubereiten.
Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery hat einen Anti-Corona-Plan inklusive Lockdown-Option für den Herbst gefordert. "Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) muss das Infektionsschutzgesetz anpassen, damit Eindämmungsmaßnahmen eingeführt werden können, wenn die Lage ernst wird, und zwar bundesweit einheitlich", sagte der Vorsitzende des Weltärztebundes der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ/Samstagsausgabe). Als "Ultima Ratio" müsse im angepassten Infektionsschutzgesetz "auch die Möglichkeit zu einem Lockdown verankert werden", sagte Montgomery.
"Es wäre fahrlässig, dieses Instrument nicht in den Werkzeugkasten zu legen, auch wenn wir alles unternehmen müssen, damit wir es nie wieder rausholen brauchen." Weitere Instrumente reichten "von der Pflicht zum Maskentragen im öffentlichen Raum bis hin zu Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen".
Ähnlich äußerte sich am Samstag auch der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar
Wieler: "Die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen natürlich stimmen", sagte
Wieler mit Blick auf das Infektionsschutzgesetz am Samstag im Bayerischen Rundfunk. Die rot-grün-gelbe Bundesregierung ringt derzeit um Corona-Schutzvorgaben für den Herbst. Die derzeit geltende Fassung des Infektionsschutzgesetzes läuft bis zum 23. September.
Montgomery warnt FDP vor "Freiheitsfetisch"
Die FDP warnte der Weltärztechef nach jüngsten Äußerungen von Parteivize Wolfgang Kubicki und Justizminister Marco Buschmann eindringlich davor, neue Maßnahmen zu blockieren. Sie dürfe die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach "nicht wieder zerlegen", sagte Montgomery. "Eine Partei, die mit einem falschen Freiheitsfetisch die Sicherheit vieler Menschengruppen vergisst, ist ein Problem für jeden Gesundheitsminister."
Montgomery verwies darauf, dass in vielen Teilen der Welt die Corona-Zahlen schon wieder steigen. Das werde auch in Deutschland "unweigerlich" passieren, wenn es kälter und nasser werde und sich das Leben wieder in die Innenräume verlagere. Wieler sagte, wohl alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, "die sich wirklich ernsthaft und fundiert, also mit Fachwissen, mit dieser Pandemie befassen, gehen davon aus, dass im Herbst die Zahlen wieder steigen werden". Dennoch wisse man nicht, "welche Krankheit wird das Virus machen." Das sei "die große Unbekannte".
Diskussion um neue Maßnahmen für Herbst
Die Ankündigung von Gesundheitsminister Lauterbach, im Herbst die Möglichkeit einer Maskenpflicht in Innenräumen zu schaffen, führt derweil zu einem geteilten Echo in Berlin.
Ob darüber hinaus weitere Maßnahmen nötig sein werden, hänge insbesondere von den Empfehlungen des Expertenrats der Bundesregierung für den Herbst ab, so Dahmen. "Ich gehe davon aus, dass der Expertenrat und auch die Kommission zur Evaluation des Infektionsschutzgesetzes ihre Berichte im Verlauf des Juni vorliegen werden, dann werden wir als Koalition beraten und entscheiden was zu tun ist."
Das Infektionsschutzgesetz benötige eine Überarbeitung ohne unnötigen Alarmismus, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU). "Es darf kein Automatismus werden, Grundrechtseingriffe wie 2G oder 3G zur Routine zu machen." Vielmehr sollten Bund und Länder auf Grundlage der Fakten entscheiden, welche Maßnahmen angebracht sind.
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