Wie viel Antisemitismus gibt es in Deutschland? Eine Umfrage zeigt: Judenfeindliche Einstellungen sind unter AfD-Wählern und Muslimen stärker verbreitet.
In Deutschland stimmen laut einer Studie Muslime und AfD-Wähler antisemitischen Aussagen deutlich häufiger zu als Nichtmuslime und Wähler anderer Parteien. Zu diesem Ergebnis kommt eine Repräsentativbefragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des American Jewish Committee (AJC), die am heutigen Dienstag veröffentlicht wurde.
Demnach halten 6 Prozent der Gesamtbevölkerung Juden per se für unsympathisch - unter den Muslimen sind es aber 22 Prozent und unter AfD-Anhängern 13 Prozent. Auch bei Abfragen antisemitischer Stereotype überwiegen der Studie zufolge die Anteile bei Muslimen und AfD-Sympathisanten.
Etwa jeder Zweite hält Holocaust-Gedenken für notwendig
Zugleich bezeichnet ein jeweils größerer Teil der Gesamtbevölkerung (43 Prozent) wie der Muslime (36 Prozent) Juden generell als sympathisch. Für die jeweils größte Gruppe jedoch sind generelle Sympathieaussagen über Juden entweder unerheblich ("weder noch") oder nicht zu entscheiden - dies gilt in der Gesamtbevölkerung (51 Prozent) wie bei den Muslimen (42 Prozent).
Für die AfD-Anhänger wurden in der Studie zu Sympathiebejahung und Unentschiedenheit keine Angaben gemacht.
Insgesamt betrachtet eine Mehrheit der Menschen in Deutschland Antisemitismus laut einer Umfrage als weit verbreitetes Phänomen. Sechs von zehn Bürgern ab 18 Jahren teilen diese Auffassung.
Knapp zwei Drittel der deutschen Bevölkerung sind zudem davon überzeugt, dass das Problem des Antisemitismus in den letzten 10 Jahren zugenommen hat, 36 Prozent widersprechen.
Das Gedenken an den Holocaust bezeichnet knapp jeder Zweite als "unbedingt notwendig".
Antisemitismus ist kein Randproblem: Juden in Deutschland sind täglich Beleidigungen und Anfeindungen ausgesetzt.
Umfrage: Antisemitismus verbreitet
Die Umfrage unterstreiche insgesamt, dass Antisemitismus nicht allein ein Problem der politischen Ränder sei, erklärte der Direktor des AJC Berlin, Remko Leemhuis. Judenfeindschaft sei "tief verankert" in der Mitte der Gesellschaft. Es müsse davor gewarnt werden, Antisemitismus zum Gegenstand parteipolitischer Auseinandersetzungen zu machen.
Demokratische Parteien sollten vielmehr zusammenstehen und ihn gemeinsam und entschlossen bekämpfen.
-
Einstellungen von Muslimen gesondert erhoben
Ausschlaggebend für die gesonderte Erfassung von Einstellungen unter Muslimen waren gegen Juden und Synagogen gerichtete Ausschreitungen im Zuge des Nahost-Konflikts im Mai 2021 auch in Deutschland, wie Leemhuis erklärte.
Wenn das Vorgehen gegen Judenfeindschaft erfolgreich sein solle, dürfe nicht ausgeblendet werden, dass Ressentiments in dieser Gruppe stärker ausgeprägt seien; es bedeute aber nicht, dass Antisemitismus allein ein Problem von Muslimen in Deutschland sei.
Mehr über Judenhass in islamischen Verbänden: