Die EU-Kommission schlägt vor, Investitionen in Atomkraft künftig als nachhaltig einzuordnen. Die Bundesregierung widerspricht: Man lehne die Einschätzungen "ausdrücklich ab".
Die Bundesregierung hat ihre Ablehnung der EU-Pläne bekräftigt, Investitionen in Atomkraft als nachhaltig einzustufen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Montag in Berlin:
Sprecher Hebestreit kündigte an, die Regierung werde im Verlauf des Januars zu den Vorschlägen der EU-Kommission Stellung beziehen. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Investitionen in Atomkraft- und Erdgaskraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich gelten.
Hebestreit: Atom-Ausstieg in diesem Jahr
Hebestreit erläuterte, dass Deutschland bis Ende dieses Jahres aus der Atomkraft aussteigen werde. Dafür gebe es eine breite Unterstützung in der Bevölkerung. Die Technologie sei gefährlich und die Müllproblematik ungeklärt, sagte er. Auch die Ampel-Parteien sind sich hier einig.
Zugleich begrüßte der Sprecher die Vorschläge der EU-Kommission, Gas unter bestimmten Bedingungen als nachhaltigen Energieträger einzustufen. Damit befinde sie sich "im Einklang mit der Position der Bundesregierung".
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" hingegen, sie halte auch die Aufnahme von Erdgas in die sogenannte Taxonomie für fragwürdig.
Ablehnung der Atom-Pläne gilt als unwahrscheinlich
Die Regierungen der EU-Länder können die Atom-Vorschläge ablehnen, ihnen zustimmen oder sich enthalten. Nur wenn 20 der 27 Mitgliedstaaten oder eine Mehrheit des EU-Parlaments die Pläne der Kommission ablehnen, erlangen sie keine Gesetzeskraft. Das gilt als unwahrscheinlich. Die Staaten, die die Kommissionspläne ablehnen, sind in der EU in der Minderheit.
Ob Deutschland gegen die Vorschläge der EU-Kommission eine Klage erwägt, wie sie Österreich angekündigt hat, ließ Regierungssprecher Hebestreit offen. Er erklärte aber, dass eine Anfechtung der Rechtsgrundlage für die Vorschläge der EU-Kommission wenig erfolgversprechend sei.
Kritik von Grünen und Umweltverbänden
Die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Ingrid Nestle, sagte dem "Handelsblatt": "Als Grüne können wir dem Vorschlag der EU-Kommission nicht zustimmen. Atomkraft kann niemals nachhaltig sein." Skeptisch ist auch Fraktionskollegin Lisa Badum:
Kernkraft als Klimaretter? Ein Beitrag der ZDF-Sendung frontal.
Kritik an der Haltung der Bundesregierung gibt es auch von Umweltverbänden. So forderte der BUND Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, keine Vereinbarung einzugehen, bei der durch die Duldung der Atomkraft eine falsche Förderung des fossilen Energieträgers Gas erreicht werde.
FDP für Kompromissbereitschaft
FDP-Fraktionschef Christian Dürr plädierte gegenüber der dpa für Kompromissbereitschaft:
Und weiter: "Wenn es dem Klimaschutz dient, sollten wir kompromissbereit in Bezug auf die Nutzung der Kernenergie in anderen EU-Ländern sein."
AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen bezeichnete die Einstufung von Atomkraft als nachhaltig als richtig. Meine man es ernst mit der Reduktion von CO2-Emissionen, ohne dabei Deindustrialisierung der Wirtschaft, Verarmung der Massen und eine Energiekrise in Kauf zu nehmen, komme man an der Atomkraft nicht vorbei, so der Europaabgeordnete.