Kanzler kontra FDP: Olaf Scholz spricht sich dagegen aus, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu strecken. Der Vorschlag sei "nicht ganz richtig ausgedacht", sagt er Richtung FDP.
In der Ampel-Koalition verschärft sich der Streit um die Atomkraft. Anders als die FDP lehnt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) längere Laufzeiten der Atomkraftwerke durch den verlängerten Einsatz von Brennelementen ab. Es sei einhellige Expertenmeinung, dass die Brennelemente der verbliebenen drei deutschen Meiler bis zum Jahresende reichten, so Scholz.
Zwar gebe es die Idee, diese Brennelemente zu strecken - also nicht zu 100 Prozent jetzt zu nutzen, sondern auch noch im kommenden Jahr. "Das ist aber nicht richtig ausgedacht", sagt Scholz. Den sogenannten "Streckbetrieb" deutscher Atomkraftwerke lehnt Scholz also ab.
FDP geht auf Konfrontationskurs zu Scholz
Die FDP widerspricht - und zwar zunehmend lauter. FDP-Chef Christian Lindner fordert eine "ideologiefreie Debatte" über die Nuklearoption und FDP-Fraktionschef Christian Dürr hält den Streckbetrieb deutscher Atomkraftwerke ausdrücklich für möglich.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (B'90/Grüne) müsse zwingend erneut prüfen, ob die Verlängerung der Laufzeiten nicht doch möglich wäre. Eine erste Prüfung vor einigen Wochen sei unter anderen Grundlagen geschehen. Im Klartext: Laut FDP hat sich inzwischen die Lage verändert.
CSU wirft Habeck "fachlichen Blödsinn" vor
Habeck hatte seine Absage an längere Laufzeiten auch damit begründet, dass Atomkraftwerke nicht einfach an- und ausgeschaltet werden könnten. Die benötigten Brennelemente seien nicht von heute auf morgen verfügbar. Ihre Produktion brauche etwa anderthalb Jahre.
CSU-Chef Markus Söder kritisiert das als "fachlichen Blödsinn". Brennelemente seien "überall in der Welt besorgbar. Alle europäischen Nachbarn machen das", so Söder. Er und CDU-Chef Friedrich Merz sprechen sich für längere Akw-Laufzeiten aus. Dies sei technisch möglich und juristisch vertretbar, so Merz.
Streit um längere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke. Robert Habeck schließt das aus. Brennelemente bräuchten 1,5 Jahre in der Produktion. Markus Söder nennt das "Blödsinn".
Kernkraft-Verband hält Akw-Betrieb 2023 für möglich
Der Verband Kernenergie hält einen Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke für möglich. Es stimme zwar, dass Brennelemente der zeitbestimmende Faktor seien, sagt Verbandsvize Ralf Güldner im ZDF. Früher habe man davon gesprochen, dass es 15 bis 18 Monate dauere, Brennelemente zu beschaffen, aber: "Das kann man sicherlich ein bisschen verkürzen."
Es gebe die Möglichkeit, die Laufzeiten zu verlängern. Dazu könnten Elemente, die schon einmal in Betrieb waren, nochmals eingesetzt werden, "sodass man sicherlich die Möglichkeit hat, die Monate Januar, Februar, März nächsten Jahres zu überbrücken, gegebenenfalls auch mit Leistungsreduzierung dieses Jahr im Sommer".