COP16: Positives Signal für Naturschutz und die UN

    Rom: Weltbiodiversitätskonferenz:Positives Signal für Naturschutz und die UN

    von Elisa Miebach
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    Im zweiten Anlauf kommt die Welt ein Stück weiter beim Schutz von Artenvielfalt und Ökosystemen. Und auch ein wenig beim Bewahren davor, selbst zur gefährdeten Art zu werden.

    COP16 – Hoffnung für den Artenschutz
    Eine Einigung war auf der Biodiversitätskonferenz COP16 in Rom lange fraglich. Nun haben sich fast 200 Länder auf eine Strategie zur Finanzierung des Artenschutzes geeinigt.28.02.2025 | 2:53 min
    In Rom stand nicht weniger als der UN-Prozess auf dem Spiel. Die 16. Weltbiodiversitätskonferenz hatte nach einem Scheitern im vergangenen Herbst einen so noch nie da gewesenen zweiten Anlauf genommen. Über allem schwebte die Frage: Kann sich die Welt in diesen geopolitischen Zeiten überhaupt noch einigen? So wurde eine Konferenz der nicht konkretesten Ergebnisse doch zum Durchbruch.

    Das war so ein richtiger 'Jetzt erst recht'-Moment - in einer schwierigen politischen Situation zu zeigen, jetzt erst recht voran mit dem globalen Naturschutz, jetzt erst recht mehr Multilateralismus. Und das hat die Konferenz gezeigt und die Konferenz hat abgeliefert.

    Jan Gesenhues, Verhandlungsführer der deutschen Delegation

    European Commissioner Jessika Roswall holds conference on COP16
    Milliarden für die Biodiversität: In Rom versuchen die Vereinten Nationen, eine Einigung zu finden für ein weltweites massives Problem: Wie lässt sich das Artensterben stoppen?26.02.2025 | 1:46 min

    UN-Konferenz in schwierigen politischen Zeiten

    Es war die erste der großen Konferenzen unter dem Banner der Vereinten Nationen seit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Seit der Rückkehr des Präsidenten, der dabei ist, die multilaterale Ordnung kurz und klein zu schlagen. Die USA hatte zwar von Anfang an schon in den 1990er-Jahren die Gründungskonvention der Biodiversitätskonferenz nicht ratifiziert. Doch trotzdem stand Trumps Trendwende in der globalen Politik und auch das Fehlen von amerikanischen Mitteln für den weltweiten Naturschutz als Elefant im Raum.
    "Die Bedingungen waren nicht besonders gut, hier zu einer Einigung zu kommen", sagt Beobachter Florian Titze von der Umweltorganisation WWF, der das Ergebnis als großen Erfolg bewertet. "Worum es am Ende geht, ist wirklich die langfristige Frage, wie man in dieser schwierigen Zeit noch global zusammenarbeitet. Und sich gegenseitig unterstützt, bei der schwierigen Aufgabe, die Natur, die Ökosysteme und ein gutes Leben für uns alle zu bewahren."
    Festgehalten sind diese Ziele im wegweisenden Kunming Montreal Abkommen von 2022. Doch für die Umsetzung braucht es politischen Willen und Geld.

    wurde auf der 15. Weltnaturschutzkonferenz 2022 in Montreal, Kanada, abgeschlossen. Es ist vergleichbar mit dem Paris-Abkommen zum Klimaschutz. Das wichtigste Ziel: 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. So sollen vor allem noch intakte Ökosysteme als Grundlage für sauberes Wasser, saubere Luft, fruchtbare Böden oder etwa die Bestäubung von Pflanzen bewahrt werden.

    Leichter Raureif bedeckt am Morgen Grashalme und Pilze am Ufer der Fischteiche in Veckenstedt.
    Die bisher umfangreichste Studie zur Artenvielfalt zeigt, dass die Artenvielfalt im Höchsttempo abnimmt. Ein Grund sei die Einschränkung der Lebensräume.02.02.2025 | 0:22 min

    Größter Konflikt: Finanzierung

    Der Hauptkonflikt drehte sich um die Finanzierung. Weltweit klafft eine Lücke von 700 Milliarden US-Dollar - 500 Milliarden sollen laut Montreal-Abkommen aus dem Abbau von umweltschädlichen Subventionen kommen, die momentan etwa noch für Pestizide oder fossile Brennstoffe eingesetzt werden. 200 Milliarden Dollar sollen ab 2030 aus öffentlichen und privaten Quellen stammen.
    Die reichen Industrieländer, die bereits viel ihrer Natur zerstört haben, hatten versprochen, die ärmeren Länder dabei unterstützen, die noch intakten Ökosysteme der Welt zu erhalten. 20 Milliarden Dollar sollen die Industrieländer ab 2025 jährlich an den globalen Süden zahlen, ab 2030 jährlich 30 Milliarden. So steht es im Montreal-Abkommen.
    Ein Mensch mit Handschuhen lockert mit einer Schaufel den laubbedeckten Boden in einem Tiny Forest.
    Die biologische Vielfalt ist weltweit in Gefahr. Doch sogar in Städten können dichte Ökosysteme entstehen. Ein Beispiel dafür: Der Mini-Wald mitten in der City von Darmstadt. 22.05.2024 | 1:31 min

    Konferenz in Kolumbien war gescheitert

    Doch die Verteilungsfragen hatten die Weltgemeinschaft in der Folgekonferenz von Montreal im vergangenen Herbst in Kolumbien um den Schlaf gebracht. Die Industrieländer hatten einen Fonds bevorzugt, der schon 1991 eingerichtet wurde, die sogenannte Globale Umweltfaszilität (GEF). Doch die Entwicklungsländer kritisierten die Machtstrukturen und Ineffizienz dieses alten Fonds und forderten einen neuen.
    Nach einer finalen Marathonsitzung bis in den nächsten Morgen war die Konferenz ohne Ergebnis geblieben. Die Verhandler hatten von ihren Regierungen kein Mandat, um von ihren roten Linien abzuweichen. In der Nacht mussten zu viele ärmere Delegationen abreisen. Die Mittel, die Flüge zu verschieben, fehlten. Am Morgen war die Konferenz nicht mehr beschlussfähig - Abbruch der Verhandlungen.
    Schmetterling auf Blume
    In dieser Woche rückt wegen des Tages der Biodiversität die Artenvielfalt besonders in den Fokus. Italien ist besonders reich damit gesegnet. Etwa in der Lagune von Orbetello.23.05.2024 | 2:15 min

    Aus dem Scheitern lernen

    Dieses Scheitern schwebte über Rom. Ein zweiter Abbruch hätte gerade in diesen Zeiten einen schwerwiegenden Vertrauensverlust in den UN-Prozess bedeutet. Es ging um die Existenz - nicht nur der seltensten Arten, sondern auch des einzigen Forums, in dem die ganze Welt gemeinsam Lösungen gegen das Massensterben von Arten und Ökosystemen weltweit finden will.
    In Rom wählte die Weltgemeinschaft dann einen anderen Zugang. Statt klar über einen Fonds zu entscheiden, fokussierte man sich vor allem darauf, ein erneutes Scheitern der nächsten Konferenzen zu verhindern.
    Rückgang der Biodiversität gefährdet die Medizin
    Weltweit werden Wirkstoffe von Tier-, Pilz- und Bakterienarten für die Medizin genutzt. Der Rückgang der Biodiversität gefährdet Herstellung und Entwicklung von Arzneimitteln.01.03.2024 | 3:24 min

    Ein neuer Prozess als Schlüssel

    Im Gegensatz zu den großen jährlichen UN-Klimakonferenzen gibt es bei den schwach finanzierten UN-Biodiversitätskonferenzen, die alle zwei Jahre stattfinden, keine offiziellen Zwischenverhandlungen. Diese sind wichtig, um die Verhandlungstexte auf technischer Ebene vorzubereiten. Zudem fehlen Treffen auf Ministerebene außerhalb des sehr formalisierten UN-Rahmens, um wichtige Konflikte schon vorher auf Entscheidungsebene der Regierungen zu klären.
    Das soll sich jetzt ändern. Die Konferenz hat sich in ihrem Abschlussdokument einen Plan gesetzt - eine sogenannte Roadmap, wie der Prozess zwischen den Konferenzen weiter vorangetrieben werden soll. Damit soll bis 2030 eine Finanzarchitektur aufgebaut werden, mit der alle Länder einverstanden sind. Das Sekretariat will dabei auch auf die Umwelt- und Finanzminister der Länder zugehen.

    Die Realität ist, da liegen die Meinungen zwischen den Ländern noch sehr weit auseinander, zwischen Ländern wie Brasilien, den afrikanischen Ländern, der Europäischen Union.

    Florian Titze, WWF

    Doch man habe es geschafft, einen Weg aufzuzeigen und ein Signal zu setzen "dass wir global schwierige Probleme noch gemeinsam lösen können", so Titze.
    Schützende Hände über Tieren, Pflanzen und Kindern
    Auch wir Menschen gehören zur "Biodiversität".22.05.2023 | 1:33 min

    Konkreter Erfolg: Fortschritt wird messbar

    Die Konferenz konnte auch einen konkreteren Erfolg vermelden, der für den Prozess unerlässlich ist. Die Länder haben sich darauf geeinigt, wie sie die Umsetzung ihrer Biodiversitätsziele mit vergleichbaren Standards messen wollen. Auf der kommenden Konferenz in Armenien 2026 soll auf dieser Grundlage dann Bestand genommen werden. So wird messbar, wie weit die Länder auf ihrem Weg gekommen sind, bis 2030 30 Prozent der Erde unter Schutz zu stellen.
    Es bleiben noch viele grundlegende Fragen offen und Konflikte wurden auch auf die nächsten Konferenzen verschoben, doch Rom konnte ein Signal setzen. Der UN-Prozess bleibt am Leben.

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    Quelle: dpa

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