COP29 einigt sich auf Billionensumme für den Klimaschutz

    Nach 30 Stunden Verlängerung:Klimakonferenz erzielt Einigung, viele Fragen offen

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    Die Klimakonferenz drohte zu scheitern, nach 30 Stunden Verlängerung dann die Einigung: Die Unterstützung für ärmere Länder soll aufgestockt werden. Doch viele Fragen bleiben.

    Junge Klimaaktivistinnen und Aktivisten demonstrieren auf dem Gelände vom UN-Klimagipfel COP29.
    Die Beschlüsse der UN-Klimakonferenz in Baku werden von den Entwicklungsländern heftig kritisiert. Besonders der geplante jährliche Beitrag der Industriestaaten sei unzureichend. 24.11.2024 | 1:56 min
    Nach zähem Ringen hat die UN-Klimakonferenz in der Nacht zum Sonntag einen neuen Rahmen für die internationale Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen beschlossen. Demnach soll der jährliche Beitrag - in erster Linie der, der Industriestaaten - bis 2035 auf mindestens 300 Milliarden Dollar erhöht werden.
    Erleichterung nach der Einigung: Mukhtar Babayev (r.), Präsident der COP29, umarmt Simon Stiell (l.), den Klimachef der Vereinten Nationen.
    Erleichterung nach der Einigung: Mukhtar Babayev (r.), Präsident der COP29, umarmt Simon Stiell (l.), den Klimachef der Vereinten Nationen.
    Quelle: AP

    Mit dem Geld sollen Entwicklungsländer mehr Klimaschutz bezahlen können und sich an die fatalen Folgen der Erderwärmung anpassen können - etwa häufigere Dürren, Stürme und Überschwemmungen. Bisher mobilisieren die klassischen Industrienationen jährlich gut 100 Milliarden US-Dollar an Klimahilfen. Doch inzwischen liegt der Bedarf an externer Hilfe weithaus höher.
    Andreas Stamm, Baku
    Die Weltklimakonferenz hat sich geeinigt, viele Fragen bleiben offen. Der Kompromiss sei keiner, mit "dem die ärmeren Länder gut leben können", sagt ZDF-Umweltexperte Andreas Stamm.24.11.2024 | 1:14 min

    Banken sollen armen Staaten Schulden erlassen

    Der Beschluss zu Finanzen blieb weit hinter den Forderungen von Entwicklungsländern zurück. Die Entwicklungsländer hatten während der Konferenz Beiträge von 1,3 Billionen Dollar jährlich bis 2035 gefordert, mindestens aber bis 2030 eine Erhöhung der Zahlungen der Industriestaaten auf 500 Milliarden Dollar.
    Die Summe von 1,3 Billionen Dollar wird nun in dem Beschluss zwar als Zielgröße genannt, jedoch ohne allzu detaillierte Angaben zur Herkunft der Mittel. Der Einigung zufolge sollen auch die multilateralen Entwicklungsbanken deutlich mehr Kredite vergeben, beziehungsweise armen Staaten Schulden erlassen. Über das öffentliche Geld und das der Banken sollen mit Hebelwirkung auch private Investitionen angestoßen werden, die ebenfalls als Klimafinanzierung gezählt werden.
    planet e. - Klimakonferenzen
    Seit 1995 die erste UN-Klimakonferenz stattfand, geht es um nichts weniger als den Stopp des Klimawandels. Bringen Weltklimakonferenzen wirklich etwas? Oder sind sie überflüssig?26.11.2023 | 28:39 min

    Klimaschutz: Woher das Geld kommen soll, bleibt unklar

    Die EU einschließlich Deutschland wagte sich während der zweiwöchigen Konferenz erst ganz zum Schluss mit konkreten Summen aus der Deckung. Von der Bundesregierung hieß es, es sei völlig unrealistisch, dass Geld in Billionenhöhe aus den Haushalten kommt. Deutschland wird - wie alle anderen Staaten - mit dem jetzigen Beschluss nicht konkret zu Zahlungen in bestimmter Höhe verpflichtet.
    Bislang hatte die Bundesrepublik für die Klimafinanzierung rund sechs Milliarden Euro pro Jahr versprochen. Wie viel es nach dem Baku-Beschluss sein wird, muss die künftige Bundesregierung entscheiden. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte in der Nacht deutlich, dass Deutschland "liefern" werde. Gleichzeitg sagte sie:

    Wir wissen, dass unsere heutigen Entscheidungen allein nicht ausreichen, um alle Bedürfnisse zu erfüllen.

    Annalena Baerbock

    Die Bundesregierung hatte zuvor an Länder wie China und die reichen Golfstaaten, die viel mit Öl, Gas und Kohle verdient haben, appelliert, ebenfalls zu zahlen. Noch gelten diese Staaten, wie etwa auch Indien und Südkorea, nach einer 30 Jahre alten UN-Einstufung aber als Entwicklungsstaaten - und damit als Empfängerländer.
    ZDF-Umweltexperte Andreas Stamm mit einer Einordnung der Beschlüsse:

    Andreas Stamm
    Quelle: ZDF

    "Es klingt auf den ersten Blick nach einer großen Summe, vom bisherigen Ziel 100 auf 300 Milliarden Dollar jährlich. Doch ein zweiter Blick verrät: Es ist kein wirklicher Erfolg. Denn der Betrag muss erst bis 2035 erreicht werden. Bedenkt man, dass das alte Ziel schon 2009 formuliert wurde, ist das fast nicht mal der Inflationsausgleich. Der Mindestbedarf aus den Expertenrunden, 1,3 Billionen Dollar jährlich, wird zumindest im Schlussdokument anerkannt, aber dafür kann sich niemand was kaufen. Dabei trifft die Intensität der Klimakrise gerade den globalen Süden mit immer mehr Wucht.

    Auch für die Industrieländer ist das Ergebnis nur auf den ersten Blick ein Erfolg - denn spätestens bis nächstes Jahr müssen die rund 200 Vertragsstaaten neue Klimaschutzpläne vorlegen. Und die Lücke, die die USA hinterlassen werden, wenn Donald Trump - wie zu erwarten - die Zahlungen seines Landes stoppen wird, muss auch noch gefüllt werden. 'Wie soll das nun gelingen?', hört man aus den Delegationen des globalen Südens. Der Kampf gegen den Klimawandel hat in Baku nicht gewonnen. Alles schaut nun auf die nächste COP in Brasilien im kommenden Jahr. Der Prozess geht weiter, genauso wie die Klimakrise. Kommt Zeit, kommt Rat, heißt es. Es fehlt eben immer mehr die Zeit."

    Wut und Frust nach dem Beschluss von Baku

    Kurz nach dem Hammerschlag des aserbaidschanischen Gastgebers wurde indes deutlich, dass viele Länder nur mit Zähneknirschen zugestimmt hatten, um wenigstens nicht ganz ohne Kompromiss auseinanderzugehen: Die Vertreterin Nigerias bezeichnete die 300 Milliarden als "Witz" und "Beleidigung".
    Auch Indiens Vertreterin protestierte, man könne absolut nicht einverstanden sein, weil die Zusagen viel zu gering seien. De facto hat die Kritik aber keine Auswirkungen mehr, der Beschluss gilt. Bereits zuvor drohte die Weltklimakonferenz, die um mehr als 30 Stunden verlängert wurde, zu scheitern. Ganze Staatengruppen verließen wenige Stunden vor dem Ende vorübergehend die Verhandlungen.
    Wiederholt gab es während der Konferenz auch heftige Kritik am Vorgehen der aserbaidschanischen Präsidentschaft. Etliche Staaten fühlen sich übergangen und beklagten, Wortmeldungen seien ignoriert worden - ein Vorwurf, den auch Baerbock im Schlussspurt der Verhandlungen erhob. Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser meinte:

    Zwischen der zugesagten Unterstützung für die verletzlichsten Länder und deren dringenden Bedarfen klafft nach Baku eine beschämend weite Lücke.

    Martin Kaiser, Greenpeace

    ZDFheute-KlimaRadar
    :Daten zum Klimawandel im Überblick

    Der Klimawandel schreitet voran - abgeschwächt wird er, wenn wir weniger CO2 und andere Treibhausgase ausstoßen. Wichtige Daten zum Klimawandel im Überblick:
    von Moritz Zajonz
    Fünf Icons mit Fabrikschlot, Blitz, Thermometer vor Deutschland und Weltkarte, und einem Haus über Wellen. Im Hintergrund ein Braunkohlekraftwerk.
    Grafiken
    Quelle: dpa, epd, ZDF

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