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Massentourismus in Kroatien:Aufruf an Touristen: Bitte benehmt euch!
von Michael Sommer, Wien
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Dubrovnik in Kroatien kämpft seit Jahren mit Touristenmassen. Ein normales Leben ist für die Einwohner kaum mehr möglich. Wie der Bürgermeister gegen Massentourismus vorgehen will.
Kaum eine Stadt am Mittelmeer hat in den letzten Jahren einen so großen Hype erfahren wie Dubrovnik in Kroatien. Mitverantwortlich ist dabei auch die Fantasy-Serie "Game of Thrones", die in großen Teilen hier gedreht wurde. Aber Dubrovnik ist keine große Stadt, gerade mal 40.000 Einwohner insgesamt. In den Sommermonaten kamen in den letzten Jahren aber rund 15.000 Touristen - pro Tag. Somit war Dubrovnik - pro Einwohner gerechnet - die meistbesuchte Stadt am gesamten Mittelmeer.
Limit für Kreuzfahrtschiffe in Dubrovnik
Der amtierende Bürgermeister Mato Franković versucht seit Jahren mit verschiedenen Strategien die Besucherströme einzudämmen. So ließ er die Anzahl der Kreuzfahrtschiffe, die in Dubrovnik anlegen dürfen, auf drei Schiffe pro Tag reduzieren. Dies hat zu einer deutlichen Entlastung der Altstadt geführt, die alleine schon durch ihre Stadtmauern und die relativ kleine Fläche in ihrer Aufnahmekapazität begrenzt ist.
Und: Die Schiffe dürfen nicht länger als acht Stunden anlegen.
Wir haben diese Regelung eingeführt, damit die Besucher auch Zeit haben andere Orte als nur die historische Altstadt zu besichtigen.
Mato Franković, Bürgermeister von Dubrovnik
Dubrovnik setzt auch auf moderne Technik. An den Stadttoren kommen Kameras zum Einsatz, die die Anzahl der Besucher zählen, wenn sie die Stadt betreten und verlassen. Online kann man so nachschauen, wie viel los ist und seinen Besuch dahingehend planen.
Massentourismus beschäftigt Einwohner
Die Galeristin Jelena Sentović ist eine der lautesten Stimmen gegen den Massen- und Kreuzfahrttourismus. Ihr ganzes Leben hat sie in der Altstadt Dubrovniks verbracht, ihre Galerie ist hier und seit mehr als 20 Jahren setzt sie sich für die Einwohner ein.
Für mich war es einfach traurig, das alles zu sehen.
Jelena Sentović, Galeristin in Dubrovniks Altstadt
Aber sie findet, dass sich langsam etwas tut in der Stadt seit Bürgermeister Mato Franković 2017 das Amt übernommen hat. Er höre den Anwohnern zu und versuche Dinge zu ändern, aber es würde sich nur sehr langsam etwas zum Besseren verändern.
Dubrovnik: Beschränkung neuer Apartments für Touristen
Anfang dieses Jahres startete Franković eine neue Initiative, dieses Mal auf dem Immobilienmarkt. Er wollte gänzlich verbieten, neue Apartments in Dubrovnik zu bauen, da die meisten sowieso nur an Touristen zur Kurzzeitnutzung vermietet würden.
Sein Vorschlag war aber nicht gesetzeskonform und so konnte er nur erreichen, dass es in Mehrfamilienhäusern nicht mehr gestattet ist, neue Apartments für Touristen einzurichten. Außerdem fing die Stadt Dubrovnik an, selbst Immobilien in der historischen Altstadt aufzukaufen und dort junge Familien mit Kindern anzusiedeln.
Doch all diese Immobilien müssen im Besitz der Stadt bleiben und es darf keine Möglichkeit geben, diese Immobilien weiterzuverkaufen.
Mato Franković, Bürgermeister von Dubrovnik
Damit erzürnt der Bürgermeister natürlich die örtliche Immobilienbranche, die in den letzten Jahrzehnten sehr viel Geld in Dubrovnik durch den Tourismus verdient hat. Ihr Geschäftsmodell kommt langsam ins Stocken.
Der Bürgermeister argumentiert, dass es schlicht keinen Sinn ergebe, wenn es bei 42.000 Einwohnern über 45.000 Gästebetten gebe - gleichzeitig aber zu wenige Immobilien am Markt seien, die sich kroatische Familien überhaupt noch leisten könnten.
"Respect the City": Regeln für Touristen
Ein anderes Projekt der Stadt Dubrovnik nennt sich "Respect the city". Touristen werden hierbei aufgefordert Rücksicht auf die Anwohner zu nehmen. Das heißt unter anderem: keine Badekleidung in der Altstadt, sonst droht Ordnungsgeld. Und: kein Grölen, keine alkoholischen Getränke außerhalb der Gastronomie und die Bitte um eine leise An- und Abreise.
Angebliches Rollkofferverbot machte Schlagzeilen
Diese Bitte machte letzten Sommer weltweit Schlagzeilen als sogenanntes Rollkofferverbot, weil die Koffer auf den kleinen Pflastersteinen einen großen Lärm machen und gerade bei nächtlicher An- oder Abreise schon mal für schlaflose Nächte sorgen können. Das Rollkofferverbot entpuppte sich aber als Ente, wie uns der Bürgermeister verrät.
Es gehe nicht um Verbote und Strafen, sondern lediglich um eine Sensibilisierung der Touristen. Rollkoffer sind demnach grundsätzlich erlaubt, nur leise zu gebrauchen. Daher produzierte die Stadt ein Video für Touristen. Darin können sich die Besucher anschauen, wie sie sich in Dubrovnik benehmen sollen. Denn mit ein bisschen Rücksicht ist schon viel gewonnen - in der kleinen Stadt an der Adria, die in den letzten Jahren einfach viel zu populär geworden ist.
Quelle: dpa
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