Haushaltsdebatte in Brüssel:Geht der EU das Geld aus?
von Julia Rech und Ulf Röller
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Nicht nur Berlin streitet über das Geld, sondern auch Brüssel. Die EU-Kommission will den Haushalt um 66 Milliarden erhöhen. Die Scholz-Regierung aber drängt zum Sparen.
Der EU-Haushaltsstreit könnte die Staatengemeinschaft lähmen.
Quelle: picture alliance / Ulrich Baumgarten
Brüssel streitet ums Geld und hat dafür eine eigene Sprache. Es dauert, bis man sie versteht. Abkürzungen sind besonders beliebt. Kleine Kostprobe: OLAF steht für das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung. EPF für den Fonds, aus dem die EU die Waffen für die Ukraine bezahlt und MFR für Mittelfristiger Finanzrahmen.
Das klingt so spannend, wie Farbe beim Trocknen an der Wand zuzuschauen. Aber es geht um viel. Die Ausgestaltung des MFR entscheidet über die finanzielle Zukunft der EU. Deshalb gibt es Streit. Und zwar richtig.
EU-Kommission will Haushalt um 66 Milliarden aufstocken
Aber von vorne: Die EU-Kommission wacht über den Haushalt. Nun will sie festlegen, wieviel Geld sie in den nächsten vier Jahren ausgeben darf. Geplant ist eigentlich bereits die gigantische Summe von mehr als einer Billion Euro.
Aber das reicht ihr nicht. Das haben Ursula von der Leyen und ihre Experten ausgerechnet. Sie fordern, den MFR um 66 Milliarden aufzustocken. Sie begründen dies mit einem Argument, das man aus Berlin kennt - mit einer Notlage: dem Krieg in der Ukraine, dem Migrationsdruck und der Pandemie. In den 66 Milliarden stecken 50 Milliarden Hilfe für die Ukraine und gut 16 Milliarden für Migration und Grenzschutz.
Deutschland: EU soll an anderer Stelle sparen
So weit, so strittig: Deutschland gehört zu den sogenannten Nettozahlern in der EU, sprich, es müsste bei einer Erhöhung des Etats mehr Geld geben. Das will die Scholz-Regierung nicht. Schon gar nicht nach dem Urteil aus Karlsruhe. Also heißt es aus Berlin: Die EU muss Geld an anderer Stelle sparen.
Dann gibt es die sogenannten Netto-Empfänger wie Spanien oder Griechenland. Die bekommen Geld aus den EU-Töpfen. Die Erhöhung klingt für sie verlockend. Grenzschutzmaßnahmen gegen illegale Migration sollen damit bezahlt werden. Sie sagen deshalb laut ja. Nettozahler und Nettoempfänger streiten sich. Mehr ausgeben oder mehr sparen. Das ist die Schicksalsfrage eines jeden Haushälters - egal wo.
Streit um EU-Haushalt: Keiner bewegt sich
Nun findet in Brüssel ein wenig das statt, was wir aus Berliner Koalitionsnächten zum Haushalt kennen. Keiner bewegt sich, jeder wartet auf den anderen. Das ist gefährlich. Denn die Zeit drängt. Es muss ein Kompromiss her.
Bei keiner Einigung stehen die lebenswichtigen Ukraine-Hilfen von 50 Milliarden auf dem Spiel. Mit diesem Geld bezahlt die Ukraine Lehrer, Ärzte und Krankenhäuser. Kaum einer in der EU zweifelt, dass die Ukraine das Geld braucht. Auch Deutschland stellt diese Hilfen nicht in Frage. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz noch einmal in seiner Regierungserklärung deutlich betont. Die Kommission soll an anderer Stelle sparen.
Spardruck: Empfängerländer stellen sich quer
Das wollen die Nettoempfänger nicht. Mehr Geld für die Ukraine, aber weniger Geld für die Länder, die mit der Migration zu kämpfen haben, gehe nicht, so ihr Argument. Das betroffene Italien erklärt, seinen Bürgern könne es nicht verständlich machen, warum die Ukraine-Hilfen wichtiger sind als die Hilfen für italienische Grenzregionen, die mit Flüchtlingen zu kämpfen haben.
Die Idee, die Ukraine-Hilfe von den anderen Hilfen zu trennen, macht wiederum die Kommission nicht mit. Der Haushalt soll nur zusammen verabschiedet werden.
Keine Einigung in Sicht
Bisher ist keine Einigung in Sicht. Auch auf dem Gipfel in der nächsten Woche rechnet niemand damit. Und so droht ein Szenario, dass jeder eigentlich vermeiden will: Dass die Ukraine-Hilfe in Gefahr gerät, weil sich die EU selbst in den Haushaltsverhandlungen lähmt. Keiner gibt bisher nach. Politik nach dem Motto: Wer sich zuerst bewegt, der hat verloren.
Die EU hat eine eigene Dynamik und Sprache. Sie liebt, wie gesagt, Abkürzungen. Für die Haushaltsverhandlungen gibt es eine neue, die diesmal jeder versteht: SOS.
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