Von der Leyen: EU plant neue Schulden für Verteidigung

    800 Milliarden für Verteidigung:So soll Europas Aufrüstung funktionieren

    Johannes Lieber
    von Johannes Lieber, Brüssel
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    Lange mussten sich die Europäer kaum Sorgen um ihre Verteidigung machen, da gab es ja die Amerikaner - das ist jetzt vorbei. Die EU will mit gigantischen Summen gegensteuern.

    European Commission President Ursula von der Leyen speaks during a press conference in Brussels
    US-Präsident Trump stoppt vorerst die Waffenlieferungen an die Ukraine - als Reaktion schlägt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine europäische Finanzierungsstrategie vor.04.03.2025 | 2:00 min
    Ursula von der Leyen hat die Messlatte am Dienstagmorgen hochgelegt. "Wir leben in der bedeutsamsten und gefährlichsten Zeit", so die EU-Kommissionspräsidentin in ihrem ersten Satz. US-Präsident Donald Trump hatte zuvor angekündigt, die Militärhilfen der USA an die Ukraine vorerst einzustellen. Von der Leyen will jetzt einspringen - und Europas Verteidigung stärken. "ReArm Europe" heißt ihr Plan.

    EU: Neue Schulden für Verteidigung

    800 Milliarden Euro will die EU-Kommission mobilisieren. Der größte Teil davon sollen Schulden der Mitgliedsstaaten sein. Die "Nationale Ausweichklausel" soll für alle EU-Staaten aktiviert werden. Das bedeutet, dass die Mitglieder mehr Schulden als vorher machen dürfen, ohne bestraft zu werden.
    Diese Ausnahme gilt ausschließlich für Verteidigungsausgaben. Allein dadurch verspricht sich die EU-Kommission 650 Milliarden Euro zusätzliche Rüstungsausgaben über vier Jahre.
    SGS Ulrich
    ZDF-Korrespondent Wolf-Christian Ulrich berichtet aus London über die europäischen Bemühungen, sich stärker in der Ukraine-Krise zu positionieren.02.03.2025 | 1:31 min

    Von der Leyen: Plan für gemeinsame Schulden der EU-Staaten

    Zusätzlich plant von der Leyen auch gemeinsame Schulden der EU. Man wolle bis zu 150 Milliarden Euro aufnehmen und das Geld den Mitgliedsstaaten leihen. Davon sollen besonders Staaten profitieren, die normalerweise hohe Zinsen zahlen müssten, wenn sie das Geld selbst am Markt leihen würden. Vorbild sind Corona-Hilfszahlungen der EU, die ähnlich funktionierten.
    Außerdem will von der Leyen Mittel aus dem EU-Haushalt nutzen. Ebenfalls soll die Europäische Spar- und Investitionsunion vorangetrieben und privates Kapital durch die Europäische Investitionsbank mobilisiert werden. Konkrete Zahlen wurden zu diesen Punkten nicht veröffentlicht.

    Experte: "Wir müssen jetzt ehrgeizig sein"

    Die 800 Milliarden Euro seien eine "große Zahl", die auch nicht "morgen erreicht" werde, so Politikwissenschaftler Sven Biscop. Der Professor von der Universität Gent hält die Ziele zwar für "ehrgeizig", sagt aber auch: "Wir müssen jetzt ehrgeizig sein."
    André Wüstner | Vorsitzender Deutscher BundeswehrVerband
    "Wir müssen damit rechnen, dass die USA Kräfte ausdünnen wird in Europa und wir noch mehr machen müssen als bisher", so André Wüstner, Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes.04.03.2025 | 5:53 min
    Wie schnell die Aufrüstung funktionieren kann, hängt laut Biscop von der Art der fehlenden Ausrüstung ab. In einigen Bereichen müsse nichts Neues erfunden, sondern nur bestellt werden. Anders sei das beispielsweise bei Militärsatelliten. Die müssten erst entworfen werden, was "ein paar Jahre" dauern könne, so der Wissenschaftler.

    Baerbock: "Quantensprung zur Stärkung" europäischer Verteidigung

    Grüne und SPD stimmen den Plänen der EU-Kommission grundsätzlich zu. Außenministerin Annalena Baerbock nennt diese auf X einen "Quantensprung zur Stärkung unserer europäischen Verteidigung." Die Vorschläge von der Leyens seien ein "erster wichtiger Schritt".
    Etwas zurückhaltender äußert sich der außenpolitische Sprecher der Europa-SPD, Tobias Cremer. Die Pläne seien "notwendig, aber nicht ausreichend". Er fordert auch Investitionen in die "wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Resilienz Europas".
    Am Donnerstag treffen sich die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Auf dem Sonder-Gipfel sollen die Pläne der Kommission beraten werden.

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    Quelle: dpa

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