G7-Außenministertreffen in Kanada: Einer gegen Alle
Außenministertreffen in Kanada:Einer gegen Alle
von Andreas Kynast
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Es gibt keinen G7-Mitgliedstaat, den die Trump-Regierung noch nicht beleidigt, bedroht oder bestraft hat. US-Außenminister Rubio reist als Kollegenschreck zum Gipfeltreffen.
US-Außenminister Marco Rubio kommt heute mit seinen G7-Kollegen zusammen.
Quelle: AFP
Ausgerechnet Kanada. Es ist Zufall, dass in diesem Jahr die nördlichen Nachbarn der USA mit dem G7-Vorsitz dran sind. Aber es könnte nicht schlechter beginnen für den Neuling der Runde. Nicht, dass Marco Rubio in Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien oder Japan leichtes Spiel gehabt hätte: In Kanada hat der neue US-Außenminister einen besonders schweren Stand.
X-Post von Andreas Kynast
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Hatten viele Kanadier die Annektionspläne der Trump-Regierung anfangs noch mit einer Mischung aus Unglauben und Belustigung zur Kenntnis genommen, bietet inzwischen das ganze Land den USA die Stirn. Partei- und provinzübergreifend wehrt sich das 40-Millionen-Einwohner-Volk gegen die immer entschiedener erhobenen Forderungen, der 51. Bundesstaat der USA zu werden.
Die Reaktion kam prompt. Nach dem heutigen Inkrafttreten der US-Zölle gegen Kanada ordnete der kanadische Premier Trudeau Gegenzölle von 25 Prozent auf amerikanische Importe an.04.03.2025 | 2:30 min
Rubio hat sich der Agenda seines Präsidenten verschrieben
Um das Treffen der G7-Außenminister in Charlevoix in der Provinz Quebec nicht zusätzlich zu belasten, sah sich Rubio zu einer Erklärung genötigt, die vor drei Monaten noch undenkbar gewesen wäre.
Es ist kein Treffen, bei dem es darum geht, wie wir Kanada übernehmen werden.
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Marco Rubio, Außenminister der USA
Dass Rubio "wie" sagt und nicht "ob", illustriert das Problem, das die anderen G7-Minister mit ihrem neuen Kollegen haben. Marco Rubio hat sich voll und ganz der Agenda seines Präsidenten verschrieben.
Zwar bescheinigen Gesprächspartner dem 53-Jährigen, ein angenehmer, kenntnisreicher Politiker zu sein, der anders als Präsident und Vizepräsident nicht zur Eskalation neigt. Aber wenn Donald Trump, J.D. Vance oder Elon Musk irgendwo auf der Welt kritisiert werden, kann auch Rubio bissig werden.
Nach dem eskalierten Treffen von Trump und Selenskyj versuche man die Rahmenbedingungen für Friedensverhandlungen zu schaffen, erklärt ZDF-Reporterin Tümena. 10.03.2025 | 3:14 min
Rubio fordert Dankbarkeit ein
Als kürzlich Polens Premierminister Donald Tusk darauf aufmerksam machte, dass Musk sein satellitengesteuertes Starlink-System der Ukraine keineswegs kostenlos zur Verfügung stelle, fuhr Rubio ihm über den Mund. Warschaus Regierungschef solle lieber Dankbarkeit zeigen, schrieb der Minister auf der Plattform X. Ohne Starlink stünden die Russen schon an der polnischen Grenze.
Die anderen Außenminister überlegen noch, wie sie mit dem neuen Stil der USA umgehen sollen. Mit Rubios Vorgänger Antony Blinken hatte es die Gruppe geschafft, ihre Einigkeit über die gesamte Dauer des russischen Angriffskriegs zu erhalten. Regierungen kamen und gingen, aber im Kreis der G7 standen die Außenminister immer uneingeschränkt an der Seite der Ukraine.
Dass Putin bis heute seine Kriegsziele in der Ukraine nicht erreicht hat, liegt vor allem am Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer, aber eben auch an der geschlossenen Unterstützung der G7.
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Annalena Baerbock, Außenministerin Deutschland
Diesmal werden bereits vor Beginn des Treffens Bruchstellen sichtbar. Marco Rubio hat erklärt, er werde eine "feindliche Sprache gegenüber Russland" ablehnen. Die Aufforderung hielt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nicht davon ab, vor Beginn der Verhandlungen mit Russland zu warnen, man könne Wladimir Putin nicht vertrauen.
Gestern stimmte die Ukraine einem Waffenstillstand zu, heute wartet man auf eine Reaktion vom Kreml. Armin Coerper berichtet aus Moskau über den aktuellen Stand.12.03.2025 | 1:06 min
Treffen könnte ohne gemeinsame Erklärung enden
Es ist eine Besonderheit der G7-Treffen, dass sie ihren mächtigen Teilnehmern Gelegenheit geben, ohne Handys, ohne Zeitnot und ohne Denkverbote zu reden, zu spinnen oder Was-wäre-wenn-Szenarien durchzuspielen. Bei keinem anderen regelmäßigen Format sitzen die Außenminister so lange, fast zwei Tage, zusammen. Manchmal mit, aber oft auch ohne Mitarbeiter.
In Charlevoix halten es Diplomaten für möglich, dass die G7 erstmals seit Russlands Überfall ohne gemeinsame Erklärung auseinandergehen.
Außenministerin Baerbock hat sich in einem Statement über den Eklat im Weißen Haus geäußert.01.03.2025 | 11:18 min
USA für Rückkehr zu G8 - mit Russland
Für Baerbock sind Stärke und Entschlossenheit die "Sprache, die Putin versteht". Die USA dagegen haben sogar eine Rückkehr zum G8-Format ins Gespräch gebracht. Dann wäre Russlands Außenminister Lawrow bei den vertraulichen Runden wieder dabei.
Es ist eine neue Zeit der Ruchlosigkeit angebrochen.
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Annalena Baerbock, Außenministerin Deutschland
Das sichtbarste Zeichen, dass die Gruppe der Sieben in Schwierigkeiten steckt, ist, dass ein Zeichen fehlt. In den vergangenen Jahren hatten sich G7-Gastgeber angewöhnt, Gäste dazuzubitten: Außenminister aus asiatischen oder afrikanischen Staaten, Vertreter internationaler Organisationen, Fürsprecher des Globalen Südens. In diesem Jahr hat Kanada keinen einzigen Gast eingeladen.
Andreas Kynast ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.