Expertin zu Ukraine: "Territorium gegen Frieden" geht nicht
Interview
Friedensforscherin zur Ukraine:"Territorium gegen Frieden" wird nicht klappen
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Die Ukraine ist in einer schlechteren Verhandlungsposition, sagt Friedensforscherin Schröder. Sie erklärt, welche Herausforderungen beim Friedensschluss warten.
Sehen Sie hier das ganze Interview mit Konfliktforscherin Ursula Schröder.19.11.2024 | 13:49 min
Wochenlang hatten Panzerbewegungen einen Schlag Russlands angedeutet. Am frühen Morgen des 24. Februar 2022 fliegen russische Truppen Luft- und Raketenschläge gegen die Ukraine. 1.000 Tage ist es her, dass von mehreren Seiten russische Truppen in die Ukraine einmarschierten, der Konflikt, der sich jahrelang zugespitzt hatte, endgültig eskalierte.
Zu Beginn des Krieges zweifelten viele Experten daran, dass die Ukraine auch nur wenige Wochen gegen die militärische Großmacht standhalten könnte. Auch wegen der westlichen Hilfe verteidigt die Ukraine heute noch weite Teile ihres Territoriums - und hatte zuletzt auch die Angriffe auf Russland verschärft.
Dennoch, eine schnelle Lösung scheint nicht in Sicht. Friedensforscherin Ursula Schröder über Perspektiven für ein mögliches Ende - und welche Herausforderungen bleiben.
Sehen Sie das Interview oben in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.
Quelle: Imago
... ist seit 2017 Wissenschaftliche Direktorin des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Entstehung und der Wandel staatlicher und überstaatlicher Friedens- und Sicherheitsordnungen in Europa und darüber hinaus.
Im Interview mit dem ZDF heute live erklärt Schröder ...
... warum Kiew in der schlechteren Verhandlungsposition ist
Die Szenarien, die sich für ein gerechtes Ende des Krieges bieten, seien gerade "nicht so positiv". Insbesondere die Ukraine sei momentan in der schlechteren Verhandlungsposition, so Schröder. Die Gründe dafür seien vielfältig: Neben der großflächigen Zerstörung zivilgesellschaftlicher Infrastruktur in der Ukraine herrsche eine allgemeine Kriegsmüdigkeit.
Die Politologin erklärt, diese Belastung durch Dauer und Intensität des Konflikts könne sowohl in der Ukraine als auch in unterstützenden Staaten den Druck erhöhen, eine schnelle Lösung zu finden - unabhängig davon, wie gerecht oder nachhaltig diese ist. Die größte Rolle dürften aber die Folgen der Wahlergebnisse in Europa und den USA spielen. Es deute laut Schröder vieles darauf hin, dass die internationale Unterstützung für Kiew schwächer werde.
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... was ein "Einfrieren" des Krieges bedeutet
Wenn man sich die momentanen, sogenannten Friedenspläne anschaue - etwa das, "was aus der neuen Trump-Administration gefloatet wird", oder den chinesisch-brasilianischen Friedensplan, zielten viele auf ein "Einfrieren der Konfliktlinie", so Schröder.
Aktuell würde dies heißen, dass die Ukraine mindestens ein Fünftel ihres Territoriums abtreten müsste. Pläne wie das Korea-Modell würden laut der Friedensforscherin bedeuten, dass eine harte Demarkationslinie zwischen Ukraine und Russland aufgebaut würde, also die Gebiete von der Ukraine klar getrennt werden.
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... wer eine künftige Grenze sichern soll
Doch selbst wenn die Ukraine den Gebietsverlust akzeptieren würde, sei der Konflikt damit nicht beendet, betont Schröder.
Es stelle sich die Frage, wer die künftig mögliche Demarkationslinie sichern solle. In dem mutmaßlichen Trump-Plan etwa gebe es dazu keine Antworten. Nur der Hinweis, "dass das nicht durch amerikanische Soldaten passieren werde". Für solche Szenarien stelle sich also die Frage der Machbarkeit. Schröder: "Wer soll die Truppen stellen, von welcher Organisation wird das ausgeführt?"
Für Europa böten sich laut der Expertin drei Organisationen an: "Das sind die OSZE, die Nato und die Europäische Union, die unterschiedlich gute Kapazitäten bereitstellen könnten und politisch unterschiedlich gut geeignet sind für die Rolle."
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Für den Akteur, der die Grenze sichern soll, wäre das "in jedem Fall ein immenser Kraftaufwand" mit sehr hohem Personalaufwand. Auf der anderen Seite müsste der Akteur auch das politische Problem umschiffen, "dass in Nachkriegssituationen Konflikte immer wieder aufflammen können", so Schröder. Sie macht deutlich, dass eine solche Situation die Herausforderung berge, "dass westliche europäische Truppen in direkten Kontakt mit russischen Soldaten kommen könnten".
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... über die "Leerstellen" vieler Friedenspläne
Gebiete abzugeben, werde der Ukraine allein keinen Frieden bringen, so die Friedensforscherin: "Einfach nur Territorium gegen Frieden, so einfach wird es leider nicht funktionieren." Es werde "bei allen Verhandlungsfragen im Grunde am Ende darum gehen, dass die Ukraine glaubwürdige Zusicherungen braucht, dass sie nicht erneut von Russland angegriffen werden wird."
Das sei auch einer der Leerstellen in einigen der vielen Friedenspläne, erklärt Schröder. Ihr zufolge habe die Ukraine verschiedene bilateralen Sicherheitsgarantien. Es gehe darum, dass diese stark ausgestaltet werden, sodass sich die Ukraine darauf verlassen kann, im Falle eines erneuten russischen Angriffs geschützt zu sein.
Das Interview führte Alica Jung.
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