Der israelische Regierungschef Netanjahu hatte die Entlassung von Ronen Bar mit einem "Mangel an Vertrauen" in den Geheimdienstchef begründet.
Quelle: AP
Israels Oberstes Gericht erlaubt die von der rechtsreligiösen Regierung gewünschte Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs Ronen Bar vorerst nicht. Die Richter erließen eine einstweilige Verfügung, wonach der Schin-Bet-Chef im Amt bleiben muss und seine Befugnisse nicht eingeschränkt werden dürfen, bis es eine finale Entscheidung in dem Fall gibt.
Die Regierung darf demnach auch keinen Nachfolger für Bar ernennen. Das Gericht bestimmte aber erneut, dass Nachfolgekandidaten befragt werden dürfen.
Die Richter regten zudem an, dass die israelische Regierung und die Generalstaatsanwaltschaft einen Kompromiss in dem Rechtsstreit erreichen sollen und gab beiden Seiten zunächst bis zum 20. April dafür Zeit. Sollten sie keine Einigung erzielen, wird das Gericht entscheiden.
Israels Ministerpräsident Netanjahu hat Inlandsgeheimdienstchef Bar entlassen. Kritiker vermuten, dass Ermittlungen gegen Netanjahu-Vertraute hinter der Entlassung stecken.21.03.2025 | 0:24 min
Netanjahu: "Mangel an Vertrauen" in den Geheimdienstchef
Israels Regierung hatte die höchst umstrittene Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs im März beschlossen. Das Gericht hatte die Entscheidung kurz darauf mit einer einstweiligen Verfügung ausgesetzt. Diese galt zunächst bis zur mit Spannung erwarteten Beratung des Gerichts am Dienstag.
Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten
Benjamin Netanjahu sprach von einer "rätselhaften" Entscheidung. Die Richter hätten die Autorität der Regierung, den Schin-Bet-Chef abzusetzen, während der Anhörung mehrfach betont. Ob die Regierung sich der Entscheidung fügt, ging aus der Mitteilung nicht hervor. Andernfalls würde eine Verfassungskrise drohen. Einige Minister sehen das Gericht als nicht befugt, in die Regierungsentscheidung einzugreifen.
Netanjahu hatte die Entlassung Bars mit einem "Mangel an Vertrauen" in den Geheimdienstchef begründet. Kritiker werfen Netanjahu jedoch vor, sich in der Frage in einem Interessenkonflikt zu befinden. Bars Entlassung löste Massenproteste aus.
In Israel demonstrieren erneut tausende Menschen gegen die Politik von Ministerpräsident Netanjahu. Thomas Reichart berichtet aus Tel-Aviv über die aktuellen Einwicklungen.29.03.2025 | 1:18 min
Untersuchungen des Geheimdienstes
Der Schin Bet ermittelt unter anderem gegen Vertraute Netanjahus wegen möglicher illegaler Beziehungen zum arabischen Golfstaat
Katar. Das Emirat gehört neben
Ägypten und den
USA zu den Unterhändlern bei den indirekten Gesprächen mit der islamistischen Hamas, gilt aber auch als Unterstützer der Terrororganisation.
Die Beziehungen zwischen Netanjahu und Bar galten seit längerem als belastet. In einer Untersuchung des Geheimdienstes über die Fehler, die das Massaker am 7. Oktober 2023 in
Israel ermöglicht hatten, ist auch Netanjahus Rolle kritisch beleuchtet worden. Der Terrorüberfall war Auslöser des
Kriegs im Gazastreifen.
Mit dem Hamas-Angriff auf Israel eskalierte der Nahost-Konflikt. Anfang des Jahres konnte eine Waffenruhe vereinbart werden. Nun fliegt Israel wieder Angriffe in Gaza.
Quelle: dpa, AFP