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Zugunglück vor zwei Jahren:Griechenland: Gewalt bei Protesten eskaliert
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Trauer, Wut - und Proteste: Zwei Jahre nach dem schweren Zugunglück in Griechenland werden die Proteste von Gewalt überschattet. Hunderttausende fordern Aufklärung.
Mit Streiks und Protesten haben in Griechenland hunderttausende Menschen an die 57 Opfer des schwersten Zugunglücks in der Geschichte des Landes vor zwei Jahren erinnert. Die größte Demonstration in der Hauptstadt Athen mit fast 200.000 Teilnehmern wurde dabei am Freitag von Gewalt überschattet.
Demonstranten schleuderten bei Zusammenstößen mit der Polizei Benzinbomben und zertrümmerten Pflastersteine. Nach Behördenangaben wurden mindestens 41 Menschen festgenommen. Mehr als 20 seien medizinisch behandelt worden. Die Gewaltszenen hätten sich vor dem Parlament und in den umgebenden Straßen abgespielt.
Die Polizei setzte Tränengas und Blendgranaten ein und versuchte, die Menschen mit Wasserwerfern auseinander zu treiben. Eine Konfrontation ereignete sich vor dem Hadriansbogen, einem antiken römischen Denkmal. "Ihr zählt Profite, wir zählen Leben", riefen die Demonstranten.
Demonstrationen an mehr als 300 Orten
Der zweite Jahrestag des Unglücks wurde mit einem Generalstreik und Demonstrationen an mehr als 300 Orten im ganzen Land begangen, an denen sich Hunderttausende beteiligten. Flüge und Bahnverbindungen wurden am Freitag abgesagt, Fähren gestoppt und der öffentliche Nahverkehr im ganzen Land war stark beeinträchtigt.
Auch private Unternehmen und öffentliche Dienste waren betroffen. Viele Geschäfte in Athen hatten geschlossen und in den Schaufenstern lagen Solidaritätsbotschaften für die Familien der Opfer. In orthodoxen Kirchen Athens wurden Gedenkgottesdienste abgehalten.
Angehörige fordern Aufklärung
Die Demonstranten fordern eine restlose Aufklärung des tragischen Frontalzusammenstoßes eines Güter- und eines Personenzugs am 28. Februar 2023, bei dem 57 vornehmlich junge Menschen ums Leben gekommen waren.
Das Zugunglück ist zu einem Symbol für institutionelles Versagen geworden. Die Massenmobilisierung am zweiten Jahrestag wurde von den Angehörigen der Opfer angeführt. Sie richtete sich gegen eine empfundene Tatenlosigkeit der Regierung. Kritiker fordern, dass Politiker die Verantwortung für Fehler übernehmen sollten, die zu dem Unglück führten.
Bei der fatalen Kollision nahe Tempi im Norden des Landes war ein Passagierzug fälschlicherweise auf dasselbe Gleis wie ein entgegenkommender Güterzug geleitet worden.
"Die ganze Wahrheit muss ans Licht kommen, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden, egal wie hoch ihre Position ist", sagte der Gewerkschaftsführer Yannis Panagopoulos.
Lasst uns alle auf die Straße gehen und die Empörung und die Forderungen der überwältigenden Mehrheit des griechischen Volkes zum Ausdruck bringen.
Yannis Panagopoulos, Gewerkschaftsführer
Auch die Fähren in Piräus in der Nähe von Athen bleiben im Hafen.
Quelle: dpa
Die Demonstrationen haben für die Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis eine politisch heikle Situation geschaffen. Seine Konservativen liegen in Umfragen weiter vorn, doch hat der Zorn über das Zugunglück den Unmut wachsen lassen und Parteien am linken und rechten Rand des politischen Spektrums Zulauf beschert. Mitsotakis kündigte an, die Sicherheit bei der Bahn weiter zu verbessern.
Jeder Grieche nimmt an dieser Trauer teil, vereint durch die gemeinsame Forderung nach Wahrheit.
Kyriakos Mitsotakis, Griechenlands Ministerpräsident
Bericht offenbart desolaten Zustand von griechischer Bahn
Diese Woche wurde nach zwei Jahren erstmals ein offizieller Bericht der Behörde für Unfälle im Luft- und Bahnverkehr vorgestellt. Darin ist vom desolaten Zustand der griechischen Bahn und schweren Ermittlungsfehlern im Anschluss an das Unglück die Rede.
So sei beispielsweise die Unglücksstelle nicht richtig kartiert worden, auch hätten Feuerwehr, Rettungskräfte und Polizei nicht organisiert zusammengearbeitet. Offen blieb in dem Bericht, ob an Bord des Güterzugs wirklich verbotenerweise ein brennbarer Gefahrstoff transportiert wurde, wie die Familien der Opfer vermuten.
Quelle: dpa
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Quelle: dpa, AP
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