mit Video
Analyse
Parlamentswahlen im Nordatlantik:Grönland zwischen Trump und Dänemark
von Henner Hebestreit und Jürgen von Heymann
|
In Grönland wird ein neues Parlament gewählt. Dänemark und die USA konkurrieren um die Insel, während die antretenden Parteien mehr Autonomie versprechen.
Wie es in Grönland künftig politisch weitergeht, dürfte sich heute entscheiden. Denn die Insel wählt an diesem Dienstag ein neues Parlament. Nahezu alle Parteien wollen sich um mehr Autonomie von Dänemark bemühen. Allerdings: Den ganz schnellen und völligen Bruch mit Kopenhagen wollen wenige, auch der amtierende und mutmaßlich neue Premierminister Mute B. Egede nicht.
Enge Bindung zwischen Grönland und Dänemark
Auch wenn Grönland immer noch über enge Verbindungen zu seiner ehemaligen Kolonialmacht Dänemark verfügt: Die kalte Insel im Nordatlantik ist manchmal unerreichbar von Europa. Mehrmals in der Woche gibt es eine direkte Flugverbindung von Kopenhagen nach Nuuk - doch selbst wenn der moderne Airbus der Grönländischen Airline in Dänemark gestartet ist, kehrt er manchmal Stunden später um und fliegt zurück nach Kopenhagen.
Im Winter wechselt das Wetter oft und dann ist plötzlich selbst am nagelneuen Airport von Nuuk keine Landung mehr möglich. Dabei wollte Grönland durch den Ausbau des Flughafens die Bindungen mit Übersee eigentlich festigen.
Trump strebt Kontrolle über Grönland an
Währenddessen will Donald Trump Grönland unbedingt unter die Kontrolle der USA bringen - und meint damit vor allem die im Boden der Insel schlummernden Rohstoffe. Uran, seltene Erden, Kupfer, um nur einige zu nennen. Seit die globale Erwärmung auch Grönlands Eis schmelzen lässt, sind die wertvollen Mineralien Lockstoffe für den selbsternannten Dealmaker im Weißen Haus.
Die knapp 60.000 Menschen in Grönland lockt Trump mit Versprechungen, macht aber auch unmissverständlich klar:
Wir kriegen Euch, auf die eine oder andere Weise.
Donald Trump, US-Präsident
Dass er dabei Rücksicht auf Grönlands Unabhängigkeitsbestrebungen oder die ausgeprägten Umweltschutzbestimmungen nimmt, die bislang dem Abbau von Rohstoffen enge Grenzen setzt, glaubt in Grönland kaum jemand.
Verbindung zu USA verschlechtert sich
Der deutsche Historiker und Politikwissenschaftler an der Universität Grönlands Ebbe Volquardsen attestiert entsprechend:
Wenn Trumps Ziel ist, die Herzen der Grönländer zu gewinnen, dann hat er sich ziemlich plump verhalten.
Prof. Ebbe Volquardsen, Politikwissenschaftler Universität Grönland
Eigentlich hätten die Menschen in Grönland ein recht positives Verhältnis zu den Vereinigten Staaten gehabt. "Donald Trump hat diese Verbindung unnötig verschlechtert", sagt Volquardsen gegenüber dem ZDF.
Nun ist das Verhältnis Grönlands zu Dänemark auch nicht ungetrübt: Heimlich durchgeführte Maßnahmen zur Geburtenkontrolle, Kinder, die ihren Müttern weggenommen und in dänische Familien gegeben wurden und ein einträglicher Handel mit Grönlands Rohstoffen lassen die Dänen in den Augen vieler Grönländer eher als Unterdrücker, denn als Förderer erscheinen.
Dänemark finanziert aber auch mit umgerechnet gut 700 Millionen Euro den halben grönländischen Staatshaushalt, ermöglicht damit ein umsorgendes Gesundheits- und Sozialsystem nach skandinavischem Muster und sorgt damit auch dafür, dass sich die Schulen im Land nicht hinter denen im dänischen Mutterland verstecken müssen. Dazu kommt, dass seit Donald Trump an Grönland zerrt, sich die Regierung von Dänemarks sozialdemokratischer Ministerpräsidenten Mette Frederiksen offen zeigt, für weiteres Entgegenkommen.
Kinder auf Grönland wollen Englisch statt Dänisch lernen
Aber gerade die Schulen könnten zum Einfallstor für amerikanischen Einfluss werden: Alle Kinder lernen Dänisch, da es zu wenige grönländische Lehrer gibt. Doch die mit den sozialen Medien, internationalen Videospielen und englischsprachigen Serien aufgewachsenen Kids ziehen Englisch vor.
Das Interesse an der dänischen Sprache verschwindet, die junge Generation will Englisch lernen, das ist eine Herausforderung für uns
Julias Jeremiassen, Schulleiter in Ilulissat
Da Grönland auf lange Sicht wirtschaftlich noch nicht auf eigenen Beinen wird stehen können, dürften die Wahlsieger in Nuuk versuchen, die Konkurrenz zwischen Dänemark und den USA für sich zu nutzen - ob das aber langfristig Trumps Grönlands-Fantasien befrieden kann, wird sich zeigen.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Mehr zu Grönland
Trump Junior in Nuuk:Grönland: Waren Trump-Fans bezahlte Obdachlose?
von Winnie Heescher
mit Video
Pläne des künftigen US-Präsidenten:Mit Trump fallen wir "zurück ins 19. Jahrhundert"
von Bernd Bachran
Interview