Nach Zahlungen aus Russland:Kanada sanktioniert Putin-Biografen Seipel
von Frederik Obermaier
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Kanadas Behörden haben Sanktionen gegen den langjährigen Journalisten Hubert Seipel verhängt. Die Begründung: Er soll Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstützt haben.
Hubert Seipel darf nicht mehr nach Kanada einreisen (Archivfoto).
Quelle: ddp
Lange galt er als intimer Kenner des Kremls, seine Filme und Bücher über Wladimir Putin machten ihn zu einem gefragten Gast in deutschen Talkshows. Nun hat die kanadische Regierung den langjährigen NDR-Journalisten Hubert Seipel auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Der Vorwurf: Unterstützung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.
2023 deckten frontal, "SPIEGEL" und andere Recherchepartner auf, wie Hubert Seipel für seine Arbeit Zahlungen aus Russland erhalten hat.06.02.2024 | 2:16 min
Propagandavorwurf und Einreiseverbot
Die Regierung in Ottawa hat Seipel sowie 31 weitere Personen - darunter bekannte Propagandisten, Geheimdienstler und Verbreiter von Desinformation - nach eigenen Angaben auf ihre Sanktionsliste gesetzt, weil sie "einen Beitrag zu den Bemühungen Russlands leisten, Propaganda zu verbreiten, um die öffentliche Meinung zu manipulieren". Seipel darf seit Ende Februar nicht mehr nach Kanada einreisen. Für Kanadier ist es nun strafbar, mit ihm Geschäfte zu machen. Auf Anfrage bezeichnete Seipel die Begründung der kanadischen Regierung als eine "absurde Unterstellung".
ZDF frontal hatte Ende 2023 zusammen mit dem SPIEGEL aufgedeckt, dass ausgerechnet Seipel, der jahrelang als Russland-Kenner von Talkshow zu Talkshow gereicht wurde und für seine Filme "Ich, Putin" und "Putin - das Interview" Anerkennung erhielt, heimlich mindestens 600.000 Euro aus Russland angenommen hatte.
Das Geld ist über eine Briefkastenfirma des Oligarchen und Putin-Vertrauten Alexej Mordaschow an ihn geflossen. Die Zahlungen waren als Zuschüsse für Seipels Bücher über Putin deklariert. Allerdings hatte der Journalist sie weder seinem damaligen Buchverlag Hoffmann und Campe noch seinem Auftraggeber NDR gegenüber offengelegt.
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Putin-Biograf: Journalistische Distanz verloren
Seipel ist der erste derart prominente Journalist, dem geheime Zahlungen aus Russland nachgewiesen werden konnten - auch die Washington Post und der Guardian berichteten über den Fall. Die Enthüllung hatte weitreichende Folgen: Der Journalistenverband Netzwerk Recherche hat Seipel ausgeschlossen, der Verlag Hoffmann und Campe seine Bücher aus dem Programm genommen. Auch der NDR untersuchte Seipels Arbeit - und musste Fehler einräumen.
In einer internen Untersuchung kam der Sender zu dem Schluss, Seipel sei "zugänglich für Bestechung durch Nähe" gewesen und habe durch seinen exklusiven Zugang zu Putin die journalistische Distanz verloren.
In seinen Filmen und Interviews habe Seipel Positionen Putins und der russischen Machteliten übernommen, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Und das, obwohl die Informationen für eine kritische Einordnung vor der Veröffentlichung des jeweiligen Films verfügbar waren, erklärte die Journalistin und frühere Moskau-Korrespondentin Gesine Dornblüth, die Teil der Seipel-Kommission des NDR war.
Besonders heikel wurden diese Filme dadurch, dass der Kreml sie ausführlich zur Selbstbespiegelung genutzt hat.
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Gesine Dornblüth, Journalistin und frühere Moskau-Korrespondentin
Quelle: dpa
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von Sophia Baumann, Maria Christoph, Felix Klauser, Hans Koberstein, Hannes Munzinger, Bastian Obermayer, Frederik Obermaier, Marta Orosz, Timo Schober und Sophia Stahl