Podoljak: "Man muss Russland zu Verhandlungen zwingen"

    Selenskyj-Berater bei "illner":"Man muss Russland zu Verhandlungen zwingen"

    von Torben Schröder
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    Der ukrainische Präsidenten-Berater fordert, das Verbot von Langstrecken-Waffen zu kippen. Gregor Gysi hofft auf Frieden durch eine Sicherheitsarchitektur.

    von links: Gregor Gysi, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Maybrit Illner, Wolfgang Ischinger, Sabine Adler, Frank SauerSchalte: Mychajlo Podoljak
    Sehen Sie hier die Sendung "maybrit illner" vom 19. September in voller Länge. 19.09.2024 | 62:03 min
    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will dem scheidenden US-Präsidenten Joe Biden einen "Siegesplan" vorstellen. Auch der militärische Vorstoß auf russisches Territorium sorgt weiter für Erstaunen.
    "In diesem Krieg geht es nicht um Territorium", sagt Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak in der ZDF-Sendung "maybrit illner". "Es geht um Dominanz in Europa. Man sollte keine Illusionen haben, mit Russland verhandeln zu können."

    Podoljak: Druck auf System Putins kann nur von innen entstehen

    Der Vormarsch solle das russischen Volk veranlassen, Druck auf die Eliten auszuüben. "Nur wenn wir den Krieg in russisches Territorium tragen, haben wir die Chance, ihn zu Ende zu bringen, sagt Podoljak.

    Man kann Russland nicht bitten, mit uns zu verhandeln – man muss es zwingen.

    Mychajlo Podoljak, Berater von Selenskyj

    Deshalb müsse der Ukraine auch gestattet werden, weiter reichende Waffen einzusetzen. Druck auf das autoritäre System Wladimir Putins könne nur von innen entstehen.

    Verschiedene Sichtweisen zur Friedenserreichung

    Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Gregor Gysi (Linke) stünden beispielhaft für die unterschiedlichen Sichtweisen, wie Frieden erreicht werden kann. Selenskyj wolle nach fast 1.000 Tagen Krieg auch seiner Bevölkerung gegenüber in die Offensive kommen, sagt die FDP-Europaabgeordnete. Angriffe auf russisches Territorium müsse Putin wiederum gegenüber seiner Bevölkerung rechtfertigen.
    TN: “Beliebtheit ist schon lange gesunken”
    Selenskyjs Popularität sei seit Kriegsbeginn stark zurückgegangen. Neuwahlen während des Krieges seien aber undenkbar, berichtet ZDF-Reporterin Alica Jung aus Kiew.19.09.2024 | 4:48 min
    Die Angst, mit Waffenlieferungen "rote Linien" zu überschreiten, teilt Strack-Zimmermann nicht: "Es gibt nur eine rote Linie, die überschritten wurde – das war der 24. Februar 2022." Damals griff Russland die Ukraine an. "Eine Friedensverhandlung kann nur aus der militärischen Stärke heraus gelingen."

    Gysi: Statt Eskalation an Deeskalation denken

    Waffenlieferungen sieht Gysi äußerst kritisch. Deutschland habe als Verursacher des Zweiten Weltkriegs kein Recht, an einem Krieg zu verdienen. Die Ukraine könne den Krieg nicht militärisch gewinnen. Warum werde nicht über einen Waffenstillstand und Frieden gesprochen?

    Woher kommt die Illusion, dass die Russen sich, wenn der Krieg nach Russland kommt, gegen ihre Führung wenden?

    Gregor Gysi, Linken-Politiker

    Man solle statt an Eskalation an Deeskalation denken.
    TN: "Russland erwartete keinen größeren Vorstoß"
    Dieser sei möglich gewesen, weil er überraschend war, so Militärökonom Markus Keupp. Die Ukraine wüsste dennoch nicht, wie groß die russische Verteidigung ist.19.09.2024 | 22:37 min
    Russland müsse vom Westen unter Druck gesetzt werden, sagt Wolfgang Ischinger, langjähriger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Faustregel müsse lauten: Wenn Russland weiter zivile Ziele attackiert, werden weit umfangreicher Waffen geliefert – unter der Bedingung der Einhaltung des Völkerrechts.
    "Wir werden allesamt aus dem Kreml betrachtet als Vasallen der USA", sagt Ischinger.

    Ischinger rechnet mit Millionen Flüchtlingen

    Selenskyj suche das Gespräch mit den USA, weil Russland allenfalls mit Washington Rahmenbedingungen einer Friedensverhandlung besprechen würde. Sollte Putin weiter die Energieinfrastruktur in der Ukraine angreifen, rechnet Ischinger im Winter mit ein oder zwei Millionen Flüchtlingen nach Deutschland.



    "Die größte Hoffnung ist, dass Biden mit einem Paukenschlag die Bühne verlassen möchte", sagt die Journalistin Sabine Adler mit Blick auf Selenskyjs Initiative. Das Misstrauen, dass die Ukraine gelieferte Waffen völkerrechtswidrig einsetzen würde, sei völlig unbegründet.

    Experte: Müssen reaktive Politik ad acta legen

    "Beide Konfliktparteien versprechen sich zurzeit mehr von fortgesetzten Gefechten als von Verhandlungen", sagt Frank Sauer, Experte für Sicherheitspolitik. "Wir müssen die passive und reaktive Politik der letzten zweieinhalb Jahre ad acta legen." Dazu gehöre auch, Putin unter Zugzwang zu setzen. Beide Seiten könnten diesen Krieg nicht entscheidend gewinnen.
    Gysi zufolge müsse Russland Sicherheitsgarantien erhalten, um Frieden zu schaffen und zu sichern. Genau diese Sicherheitsarchitektur gab es, so Sauer – bis Putin sie zerschlagen habe.

    Es ist ein Märchen, dass wir durch unser Verhalten Moskau unter Zugzwang gesetzt hätten. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben die Ukraine sitzen lassen ohne Schutz.

    Wolfgang Ischinger, langjähriger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz

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