Die EU brauche "Gesicht, Stimme, Kraft und Wirkmächtigkeit", sagt Manfred Weber. Dietmar Bartsch warnt vor einem "Irrglauben der Verteidigungspolitik" und "Widersprüchen im Land".
Manfred Weber und Dietmar Bartsch zu Gast in der Sendung "Markus Lanz".
Quelle: Markus Hertrich
Wie die ukrainische Regierung nach gemeinsamen Gesprächen in Saudi-Arabien erklärte, unterstützt sie den US-Vorschlag einer 30-tägigen Waffenruhe in der Ukraine.
Ein Vorschlag, den der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU) als "unser gemeinsames Ziel" bezeichnete, obwohl in Dschidda keinerlei Vertreter der Europäischen Union am Verhandlungstisch Platz genommen hatten.
Russlands Präsident Wladimir Putin reagiert verhalten auf den US-Vorschlag zu einer 30-tägigen Waffenruhe im Ukraine-Krieg.13.03.2025 | 1:25 min
Europa groß und historisch denken
"Weil wir derzeit nicht die Tools, die Macht, die Verfahren dafür haben, um unser Gewicht in die Waagschale zu werfen", wie er am Donnerstagabend bei "Lanz" einräumte. Der EVP-Chef sagte:
Wir spielen als Europäer derzeit keine Rolle.
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Manfred Weber, EVP-Chef
Wenn Donald Trump "uns" nach Saudi-Arabien eingeladen hätte, hätte man sich die banale Frage stellen müssen, wer als Vertreter der EU dorthin gereist wäre:
Ist das Frau von der Leyen? Ist das dann der Ratspräsident? Ist das Merz? Ist das Macron?
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Manfred Weber, EVP-Chef
Der Chef der größten Fraktion im EU-Parlament sagte: "Wenn Sie mich fragen, dann ist Europa heute in der Aufgabe, direkt einen gewählten Präsidenten der Europäischen Union zu haben."
Europa brauche die Kraft, "groß zu denken, historisch zu denken".
Mit einem massiven Aufrüstungsprogramm reagiert die EU auf die außenpolitische Kehrtwende der USA. Ziel ist es, mit mehreren Maßnahmen insgesamt fast 800 Milliarden Euro zu mobilisieren.07.03.2025 | 2:31 min
Weber: Entscheidung nach Mehrheit statt Einstimmigkeit
Weber appellierte:
Dieser Kontinent wird nur dann in der Welt von morgen eine Rolle spielen, wenn wir gemeinsam mit einer Stimme sprechen.
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Manfred Weber, EVP-Chef
Und weiter: "Ich würde mir wünschen, dass wir Europäer - wie die Amerikaner - einen Präsidenten der Europäischen Union, ihrer Region wählen, wo sie dann wirklich mit Stimme sind."
Derzeit könne die EU außenpolitisch nur mitreden, "wenn wir einen einstimmigen Beschluss fassen". So habe Viktor Orban letzte Woche "wieder den gesamten Laden blockiert". Ungarns Präsident hatte eine gemeinsame Ukraine-Erklärung der 27 EU-Mitgliedsstaaten vereitelt.
Weber sei es "leid, das zu hören" und wünsche sich, dass "dieses Europa endlich in der Lage ist, die Einstimmigkeit abzuschaffen und per Mehrheit zu entscheiden".
Wir dürfen uns nicht vom Langsamsten blockieren lassen.
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Manfred Weber, EVP-Chef
Vielmehr gehe es um die Frage, ob Europa "Gesicht, Stimme, Kraft und Wirkmächtigkeit bekommt".
Mit dem EU-Krisengipfel sollte gezeigt werden, "Europa kann und Europa will", erklärt ZDF-Korrespondentin Lara Wiedeking. Aber "bis es so weit ist, ist man noch auf die USA angewiesen".07.03.2025 | 2:20 min
Europa hat keine Bedeutung. Jetzt wird so getan, als wenn wir mit dem Militärischen diese Bedeutung kriegen würden.
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Dietmar Bartsch, Ex-Linken-Fraktionschef
Bartsch weiter: "Ich teile das ausdrücklich nicht. Europa muss wirtschaftlich und politisch stark werden."
In der Wirtschaft seien wir "eine Macht und respektiert", entgegnete Weber, "dort spielen wir eine Rolle". Aber: "Dort, wo wir nationalen Egoismus haben, weil es nicht gelungen ist, eine Verteidigungsunion aufzubauen, dort sind wir schwach, dort sind wir irrelevant."
Beim Gipfel der EU in Brüssel einigte sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten auf eine Investition in die europäische Verteidigung. Einzig Ungarn schloss sich nicht an.07.03.2025 | 1:21 min
Widersprüche im Land
Union und SPD planen, die Schuldenbremse für deutsche Verteidigungsausgaben zu lockern. Bartsch zeigte sich skeptisch:
Je mehr wir für Rüstung ausgeben, desto besser sind wir gerüstet - das ist ein Irrglaube.
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Dietmar Bartsch, Ex-Linken-Fraktionschef
Diese Ausgaben würden dazu führen, "dass bei uns die Widersprüche im Land größer werden, weil wir nicht in den sozialen Bereich, nicht in Technologie und Bildung investieren - und das ist ein Riesenproblem". Bartsch warnte:
Das Land beginnt, zu zerfallen.
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Dietmar Bartsch, Ex-Linken-Fraktionschef
Er sei für ein Investitionsprogramm, er sei für die Aufhebung der Schuldenbremse. Aber zuerst militärisch zu denken, sei ein "Riesenfehler". Der Linken-Politiker beklagte die deutsche Debattenkultur: "Das Substantiv Abrüstung, das Substantiv Diplomatie darf gar nicht mehr gesagt werden." Nur noch über das Thema Aufrüstung und Abschreckung zu reden, mache den Leuten Angst.
Quelle: dpa
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