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Sicherheit in der Ostsee:Wie die "Schattenflotte" gestoppt werden soll
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Überwachen und abschrecken - so wollen die Nato-Staaten gegen die Bedrohungen durch Russland in der Ostsee vorgehen. Maßnahmen, die vor allem die "Schattenflotte" treffen sollen.
Für den deutschen Bundeskanzler Scholz steht fest: "Es hat Unfälle gegeben, und man muss davon ausgehen, dass sie Teil einer hybriden Strategie sind, die europäischen Länder zu bedrohen."
"Ich mache mir Sorgen wegen der russischen Schattenflotte", erklärt auch die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, "denn auf diese Art führt Russland den Krieg in Europa fort." Frederiksen und Scholz gehören zu den Teilnehmern des Nato-Ostseegipfels, den Finnland kurzfristig einberufen hat.
Russland: Hybride Kriegführung durch "Schattenflotte"
In der Vergangenheit nutze Russland seine Schattenflotte offenbar vor allem, um die wirtschaftlichen Sanktionen zu umgehen und weiter Öl zu verkaufen. Finanziell ist Russland auf diese Exporte angewiesen. Doch es häufen sich Fälle, in denen auch die so genannte "kritische Infrastruktur" in der Ostsee beschädigt wird: Pipelines, Daten- oder Stromkabel.
Wie Ende Dezember: Der Öltanker "Eagle S" war auf dem Weg von Sankt Petersburg nach Ägypten. Auf dem Weg soll das Schiff seinen Anker gut 100 Kilometer über den Boden der Ostsee geschleift und so ein Stromkabel zwischen Finnland und Estland durchtrennt haben. Zum ersten Mal scheinen finnische Behörden einen Öltanker der Schattenflotte festzusetzen.
Die Schattenflotte besteht aus alten Öltankern, die unter fremden Flaggen fahren - die Eagle S zum Beispiel ist unter der Flagge der Cook Inseln unterwegs. Es geht um Schiffe, die ständig ihren Namen wechseln. Mit einem Firmengeflecht dahinter, das kaum zu durchschauen ist. Wie groß diese Schattenflotte genau ist, lässt sich nur schätzen: Experten gehen von über 1.000 Schiffen aus. Auch der Tanker, der vergangene Woche vor Rügen havariert ist, gehört wohl zur Schattenflotte.
Nato: "Baltischer Wachposten" in der Ostsee
Mit dem "baltischen Wachposten" wollen die Nato-Staaten ihre Präsenz in der Ostsee jetzt verstärken und für mehr Überwachung sorgen. Wie viele Schiffe Teil dieser Operation sind, wollte Rutte in Helsinki nicht verraten:
Wir müssen den Feind nicht noch klüger machen, als er ohnehin schon ist.
Mark Rutte, Nato-Generalsekretär
Aber er führt doch einige konkrete Maßnahmen auf: Neben der verstärkten Präsenz in der Ostsee sollen die Schiffe der Schattenflotte besser aufgespürt und verfolgt werden können. Man wolle ebenso neue Technologie anwenden: "Dazu gehört auch eine Flotte mit maritimen Drohnen, mit denen wir die Überwachung und Abschreckung ausweiten können."
Damit Schiffe vom russischen Festland aus der Ostsee rauskommen können, um zum Beispiel Ägypten zu erreichen, fahren sie durch dänische Gewässer. Das gilt auch für Schiffe von europäischen Häfen wie Danzig oder Rostock. Damit der Güterverkehr reibungslos diese enge Wasserstraße passiert, werden Schiffe eigentlich kaum kontrolliert. Ministerpräsidentin Frederiksen weiß um die besondere Verantwortung ihres Landes. Man suche nach einer Lösung die Schiffe leichter und schneller festzusetzen.
Auf Einladung von Finnland, einem der jüngsten Nato-Mitgliedsstaaten, waren die Staats- und Regierungschefs von acht Ländern zusammengekommen. Neben Finnland: Dänemark, Estland, Deutschland, Lettland, Litauen, Polen, Schweden - Länder, die an der Ostsee liegen. Außerdem der Nato-Generalsekretär Mark Rutte und die stellvertretende EU-Kommissionspräsidentin Henna Virkkunen. Das Treffen fand in Helsinki statt. Schweden und Finnland waren einige Monate nach der russischen Offensive gegen die Ukraine in die Nato eingetreten.
Herausforderung: Internationales Seerecht
Im Falle von Finnland und der zerstörten Stromleitung konnte der Öltanker direkt von den finnischen Behörden festgesetzt werden: Er hatte sich in der Nähe des Estlink-Kabels auffällig verhalten. Doch vor allem in internationalen Gewässern ist es schwer, die Schiffe zu stoppen und eine Untersuchung an Board zu starten: "Sie brauchen wirklich eine Begründung, auf Schiffe zuzugreifen oder auch vielleicht auch präventiv schon aktiv zu werden", erklärt Stefan Meister von der DGAP.
Wir sehen, dass Russland versucht, Grauzonen auszunutzen. Es versucht, sozusagen zu provozieren und auszutesten, was möglich ist.
Stefan Meister, Politikwissenschaftler, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik
Darum wollen die Nato-Staaten entlang der Ostsee jetzt auch herausfinden, was im Rahmen des Seerechtes möglich ist - vor allem in internationalen Gewässern.
Quelle: dpa
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