Russland: Blutiger Überfall auf Versandhandel Wildberries
Russisches Amazon im Visier:Blutiger Kampf um russischen Versandhandel
von Sebastian Ehm
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Beim Überfall auf die Zentrale des Versandhandels Wildberries werden mehrere Menschen getötet. Der Verdacht: Wladimir Putin und Ramsan Kadyrow stecken mittendrin.
Am hellichten Tag ereignete sich ein Überfall auf die Zentrale des russischen Versandhandels Wildberries. Was steckt dahinter?
Quelle: AFP
Es sind Szenen wie aus einem Actionfilm. Eine größere Gruppe Männer stürmt, die Waffen gezückt, in ein Gebäude. Bald fallen Schüsse. Die Männer treten den Rückzug an, Pistolen im Anschlag. Es gibt Tote und Verletzte.
Es ist aber kein Film, sondern Realität - am helllichten Tag, mitten in Moskau. Es ist eine unglaubliche Geschichte. Es geht um die reichste Russin, ihren enttäuschten Ex-Mann. Es geht um den Tschetschenenführer Ramsam Kadyrow - und es geht auch um die Macht des Wladimir Putin.
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Tatjana Bakaltschuk ist 48 Jahre alt und Russlands reichste Frau. 2004 gründete sie den Online-Versandhandel Wildberries. Von ihrem Moskauer Appartement aus verkaufte sie damals vor allem Kleidung. Kurze Zeit später stieg ihr Mann Wladislaw Bakaltschuk in das immer besser laufende Geschäft ein. Von ihm wird noch die Rede sein.
Wildberries entwickelte sich zu einem Milliarden-Geschäft, zu einer Art russischem Amazon. Laut Forbes wurde Tatjana Bakaltschuk 2019 zur ersten Selfmade-Milliardärin Russlands. Eine echte Tellerwäscher-wird-Millionärs-Geschichte.
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Putin verstaatlicht immer mehr Firmen
Mittlerweile soll Tatjana Bakaltschuk ihr Vermögen auf über acht US-Milliarden Dollar vermehrt haben. Doch seit einiger Zeit geht Wladimir Putin zunehmend gegen Privatvermögen vor und verstaatlichte mehrere Betriebe, die der Kreml für strategisch wichtig hält. Das Moskauer Carnegie-Center nennt es die größte Vermögens-Umverteilung in Russland seit 30 Jahren.
In Putins Reich soll sich niemand sicher fühlen. Das System der Verfolgung erinnert an die Stalinzeit und profitiert von Bürgern in Russland, die ihre Mitmenschen denunzieren.
Armin Coerper, Moskau
mit Video
Greift Putin nach Wildberries?
Experten vermuten, dass auch Wildberries davon nicht verschont bleibt. Anfang des Jahres wurde bekannt, dass Wildberries mit dem Werbeflächen-Vermarkter Russ Group fusionieren soll. Beobachter wunderten sich über den ungleichen Zusammenschluss und vor allem darüber, dass Tatjana Bakaltschuk die Kontrolle über das von ihr gegründete Unternehmen abgeben sollte. Wildberries hat einen 20 Mal größeren Umsatz als Russ Group.
Doch hinter Russ Group stehen die dem Kreml treu ergebenen Gebrüder Mirzoyan. Wladimir Putin gab persönlich seine Zustimmung zu der Fusion.
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Präsident Tschetscheniens Kadyrow zur Hilfe gerufen
Doch man hatte wohl den Ehemann Wladislaw Bakaltschuk übersehen. Der fühlte sich um sein Vermögen gebracht und stemmte sich gegen das Geschäft. Zur Hilfe sprang ihm überraschenderweise der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow.
Dass Kadyrow sich gegen ein von Putin persönlich abgesegnetes Geschäft stemmt, ist höchst ungewöhnlich. Kadyrow und Putin gelten als Vertraute. Für Wladislaw Bakaltschuk kam es noch dicker. Seine Frau Tatjana kündigte an, sich von ihrem Mann scheiden lassen zu wollen. Gerüchten zufolge hat sie eine Affäre mit einem der Mirzoyan Brüder.
Am Donnerstag eskalierte der Streit um Wildberries: Kadyrow und Wladislaw Bakaltschuk schickten circa 30 Tschetschenen zur Wildberries-Firmenzentrale. Der Plan: Tatjana Bakaltschuk mit Nachdruck von der Fusion abhalten. Doch dort war man auf die Ankunft der Tschetschenen vorbereitet, es kam zum Schusswechsel. Zwei Menschen starben, über 30 Personen wurden festgenommen. Darunter auch Wladislaw Bakaltschuk.
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Machtprobe von Tschetscheniens Kadyrow?
Nach und nach kommen mehr Details zutage, die das Geschehen erhellen. So soll hinter der Russ Group Suleiman Kerimow stecken, ein Intimfeind von Tschetschenien Präsident Ramsan Kadyrow. Beide kommen aus dem Nordkaukasus. Kerimow ist ein Milliardär, der wegen seiner teuren Yachten und Villen auch in Europa kein Unbekannter ist.
Dass er mitmischt, lässt das Geschehen in ganz anderem Licht erscheinen: Möglicherweise wollte der jetzige Putin-Verbündete Kadyrow verhindern, dass sein Intimfeind Kerimow seinen Einfluss bei Wladimir Putin ausbaut. Kadyrow baute wohl darauf, Narrenfreiheit bei Putin zu haben. Es wirkt wie eine Machtprobe, bei der sich Kadyrow nun eine blutige Nase geholt hat.
Tschetscheniens Diktator Ramsan Kadyrow prahlt mit einem Cybertruck der Marke Tesla, den er von dem Unternehmen bekommen haben will - trotz Sanktionen. Elon Musk dementiert.
Deal zwischen Putin und Kadyrow?
Am Freitag erreichte Kadyrow bei Putin wohl doch noch einen Deal. Gerüchten zufolge hatte Kadyrow stundenlang vergeblich versucht Putin zu erreichen, bis dieser ihm gewährte, dass seine Kämpfer freikommen würden, aber nur wenn sie zum Kämpfen an die Front in der Ukraine gingen.
Auch Wladislaw Bakaltschuk ist derweil wieder auf freiem Fuß. Anscheinend sind die Vorwürfe gegen ihn fallen gelassen worden. Es ist ein bekanntes Vorgehen des Kreml. Nach aufsehenerregenden Ereignissen werden Konflikte scheinbar schnell gelöst. Hinter den Kulissen dürfte das Vorgefallene aber noch weiter für Gesprächsstoff sorgen.
Sebastian Ehm berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.
Politisch wird intensiv diskutiert, ob die Ukraine mit Langstreckenwaffen militärische Ziele in Russland angreifen darf. Was aber könnten solche Schläge theoretisch bewirken?
von Christian Mölling, András Rácz
mit Video
Quelle: ZDF
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