Friedensforscherin zu Ukraine: Großen Wurf sehe ich nicht

Interview

Friedensforscherin zur Ukraine:Schröder: Den großen Wurf sehe ich nicht

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Waffenruhe in der Ukraine? Die Signale sind vielversprechend, doch die Details werden schwierig. Bei ZDFheute live erklärt die Friedensforscherin Ursula Schröder ihre Bedenken.

Prof. Ursula Schröder live zugeschaltet
Selbst wenn ein Friedensvertrag zwischen Kiew und Moskau geschlossen werde, dann "beginnt erst die Arbeit und das ist die Umsetzung", sagt Konfliktforscherin Ursula Schröder.11.03.2025 | 21:27 min
Während die USA die Militärhilfen für die Ukraine wieder aufnehmen, signalisiert diese Unterstützung für eine 30-tägige Waffenruhe mit Russland - das ist in einer gemeinsamen Erklärung der USA und der Ukraine festgehalten, die nach den Gesprächen beider Seiten am Dienstag in Saudi-Arabien veröffentlicht wurde.
Die Politologin und Friedensforscherin Ursula Schröder von der Universität Hamburg erklärt im Interview mit ZDFheute live die Einzelheiten und konkretisiert ihre Bedenken.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video oder lesen Sie hier Auszüge. Das sagt Ursula Schröder ...

... zu den Chancen einer Waffenruhe

"Natürlich kann eine Waffenruhe, eine 30-tägige Waffenruhe, diesen Krieg nicht beenden", sagt Schröder. Das seien vielmehr Maßnahmen der Vertrauensbildung, wie auch der Austausch von Gefangenen und Gefallenen oder von entführten Kindern. Dies werfe aber noch nicht die Frage auf, wie die großen Brocken der Verhandlungen, die vor den Parteien liegen, aus dem Weg geräumt werden könnten, so Schröder. Diese seien etwa mögliche Sicherheitsgarantien, sowie der Umgang mit eroberten Territorien.

Dem Frieden sind wir jetzt noch nicht einen Riesenschritt näher gekommen.

Ursula Schröder, Konfliktforscherin

"Eine Waffenruhe alleine bringt so einen Friedensprozess noch nicht grundlegend weiter", betont Schröder. Wird Russland darauf eingehen, in welcher Form, wie lange, was sind die Bedingungen dafür? Antworten auf diese Fragen seien momentan noch nicht absehbar.
Was hört man aus Moskau? ZDF-Korrespondent Armin Coerper berichtet:
ZDF-Korrespondent Armin Coerper
Ukraine und USA haben sich in Saudi-Arabien geeinigt. Ob Putin nun einer teilweisen Waffenruhe zustimmt, bleibt aber fraglich, so ZDF-Korrespondent Armin Coerper in Moskau.11.03.2025 | 3:53 min

... zur Rolle Europas und Deutschlands in dem Konflikt

"Was passiert, wenn die USA das Interesse verlieren? Wir sehen in der ersten Trump-Administration, dass die außenpolitischen Versuche von Präsident Trump eine Geschichte des Scheiterns waren", sagt Schröder. Der Versuch, Nordkorea zur Abgabe der nuklearen Arsenale zu bewegen bis zu den Verhandlungen mit den Taliban in Doha in 2020. Es sei entweder krachend gescheitert oder sang- und klanglos eingestellt worden.
"Und hier ist genau die Frage, was passiert, wenn die USA gehen? Dann wird Europa gefragt sein, dann wird eine Strategie gefragt sein, die wirklich nachhaltig und langfristig sein muss" betont die Friedensforscherin. "Dann wird es um Fragen gehen der Territorien der Ukraine, der Aufrechterhaltung eines souveränen Staates, der auch wirtschaftlich überlebensfähig ist. Es wird um den Wiederaufbau gehen und es wird um die Frage der Sicherheitsgarantien gehen."

Wer garantiert der Ukraine, dass sie nicht erneut von Russland angegriffen werden wird, sollte sie einem Abkommen in Zukunft zustimmen?

Ursula Schröder, Konfliktforscherin

... zur Verhandlungsmethode der USA

"Den großen strategischen Wurf sehe ich da aktuell noch nicht", sagt Schröder. Das Vorgehen der USA decke sich mit dem, was in den Verhandlungsversuchen der ersten Trump-Administration geschehen sei, dass erst mal "mit großem Getöse reingegangen" werde, dass dann "Druck ausgeübt" werde, in diesem Fall nur auf die Ukraine. Auf Russland sei hingegen noch kein großer Druck ausgeübt worden, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit, sagt Schröder. Dann würde geschaut, ob man die Parteien dazu bekomme, sich zu einigen.
ZDF-Reporterin Isabelle Tümena berichtet aus Saudi-Arabien:
ZDF-Korrespondentin Isabelle Tümena live aus Riad
Das Treffen zwischen Delegationen aus den USA und der Ukraine sei positiv verlaufen, so ZDF-Reporterin Isabelle Tümena. Beiden Seiten sprachen von "konstruktiven Gesprächen". 11.03.2025 | 2:52 min
In vielen Fällen funktioniere das jedoch nicht, weil Verhandlungen ein Marathon seien und kein Sprint, warnt Schröder. "Das heißt, dass hier wirklich harte, auch technische Arbeit reingegeben werden muss, wo wirklich technische Fragen diskutiert werden, langfristig vorbereitet werden müssen." Das sei Verhandlungsalltag. Die Frage sei, ob die US-Administration das durchhalten werde.
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