Ukraine: "Koalition der Willigen" für einmonatige Waffenruhe

    Europäer gemeinsam mit Selenskyj:Plan für einmonatige Waffenruhe angekündigt

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    Großbritannien und Frankreich wollen gemeinsam mit der Ukraine eine begrenzte einmonatige Waffenruhe ausarbeiten. Es brauche eine "Koalition der Willigen". So sehen die Pläne aus.

    Keir Starmer, Wolodymyr Selenskyj und Emmanuel Macron unterhalten sich während des Sonder-Gipfeltreffens
    Europa sucht eine gemeinsame Lösung des Ukraine-Konflikts: Keir Starmer, Wolodymyr Selenskyj und Emmanuel Macron unterhalten sich während des Gipfeltreffens in London.
    Quelle: dpa

    Wenige Tage vor einem EU-Sondergipfel schlagen der britische Premierminister Keir Starmer und der französische Präsident Emmanuel Macron eine einmonatige Waffenruhe in der Ukraine als Schritt zu einem möglichen Friedensabkommen vor. Ihr Friedensplan sieht als erste Deeskalationsmaßnahme eine "Waffenruhe in der Luft, auf See und im Bereich der Energieinfrastruktur" vor, wie Macron der französischen Zeitung "Le Figaro" sagte.
    Bei dem EU-Sondertreffen am Donnerstag in Brüssel, zu dem auch Selenskyj eingeladen ist, soll es unter anderem um den drastischen Kurswechsel der USA in der Ukraine-Politik und einen Plan für die Wiederaufrüstung Europas gehen. Bereits am Sonntag hatten sich westliche Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato in London zu einem Ukraine-Gipfel getroffen. Ein Ergebnis des Gipfels war, dass Großbritannien, Frankreich und wenige andere Länder einen Friedensplan für eine Waffenruhe in der Ukraine entwickeln, der dann mit den USA erörtert werden soll.
    Securing Our Future: Ukraine Gipfel im Londoner Lancaster House
    Europa will den ersten Schritt für die Ukraine gehen, in einer Koalition der Willigen. Doch ohne die Waffenlieferungen der USA, die bald auslaufen, bräuchte es neue Pläne.03.03.2025 | 2:01 min

    "Koalition der Willigen" soll Abkommen sichern

    Bei der von Macron und Starmer vorgeschlagenen Waffenruhe wären die Bodenkämpfe an der Front in der Ost-Ukraine offenbar zunächst nicht betroffen. Der Vorteil eines solchen Konzepts liegt laut Macron darin, dass Verstöße gegen eine solche begrenzte Waffenruhe leichter zu überprüfen seien.
    Man dürfe nicht vergessen, dass die Frontlinie aktuell etwa der Entfernung zwischen Paris und Budapest entspräche. Eine solche Waffenruhe solle Raum für diplomatische Lösungen schaffen und die Grundlage für Verhandlungen legen. Man wolle Frieden in der Ukraine, aber nicht um jeden Preis, warnte Macron. Er hob hervor, dass Sicherheitsgarantien essenziell seien.
    Starmer hatte angekündigt, "eine Koalition der Willigen" zu entwickeln, um ein Abkommen in der Ukraine zu verteidigen. Macron macht in dem Interview deutlich, dass der auf dem Londoner Ukraine-Gipfeltreffen vorgeschlagene Plan, europäische Truppen auf ukrainischem Boden einzusetzen, erst dann infrage komme, wenn die Verhandlungen erfolgreich verlaufen seien und es zwischen der Ukraine und Russland einen stabilen Waffenstillstand gebe. In einer ersten Phase wie der vorgeschlagenen einmonatigen Waffenruhe würden keine Soldaten entsandt.
    Claudia Major | Sicherheitsexpertin Stiftung Wissenschaft und Politik
    Das transatlantische Verhältnis habe sich "grundlegend verändert." Damit müssen "Europäer und Ukrainer gemeinsam umgehen", so Claudia Major, Sicherheitsexpertin der Stiftung Wissenschaft und Politik.03.03.2025 | 5:12 min

    Wie steht Deutschland zu diesen Plänen?

    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte am Abend im ZDF, auch Deutschland und ein osteuropäisches Land wie Polen sollten bei den Gesprächen vertreten sein. "Nur ein gerechter Frieden bringt dauerhaften Frieden. Und dafür brauchen wir eine massive weitere Unterstützung der Ukraine. Damit aus einer Position der Stärke heraus dieser Friedensplan auf den Weg gebracht werden kann", so Baerbock.
    Ukraine-Sondergipfel in London
    Präsident Emmanuel Macron fordert schon lange ein souveränes Europa. Frankreich könnte als einzige Atommacht der EU eine wichtige Rolle in deren Sicherheitsarchitektur einnehmen.03.03.2025 | 2:33 min
    Scholz sagte, bei dem EU-Gipfel werde es neben höheren Verteidigungsausgaben auch um "eine bessere Kooperation in Europa" gehen, "damit wir unseren eigenen Beitrag zu unserer eigenen Sicherheit auch noch besser leisten können als es in den letzten Jahrzehnten der Fall war". Macron hatte sich im Vorfeld offen für eine "Diskussion" über eine mögliche künftige europäische nukleare Abschreckung gezeigt, nachdem der voraussichtliche künftige Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zuletzt für solche Gespräche mit London und Paris plädiert hatte.

    Selenskyj bekräftigt erneut Dankbarkeit für US-Hilfe

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte nach dem Eklat im Weißen Haus indes seine große Wertschätzung für die Hilfe der USA im Abwehrkrieg gegen Russland.

    Natürlich wissen wir um die Bedeutung Amerikas, und wir sind dankbar für die ganze Unterstützung, die wir von den Vereinigten Staaten erhalten haben.

    Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

    "Es gab keinen Tag, an dem wir keine Dankbarkeit empfunden haben", sagte Selenskyj in seiner in der Nacht nach dem Gipfel in London veröffentlichten Video-Botschaft. "Wir werden unsere gemeinsamen Positionen festlegen - was wir erreichen wollen und was nicht verhandelbar ist." Anschließend solle dies "unseren Partnern in den Vereinigten Staaten vorgelegt werden".
    Ob die USA die Ukraine weiter unterstützen werden, ist nach dem Eklat vom Freitag unklar. US-Präsident Donald Trump und sein Vizepräsident JD Vance warfen Selenskyj im Oval Office fehlende Dankbarkeit für die US-Militärhilfe und Respektlosigkeit vor. Trump drohte zugleich mit dem Ende der US-Unterstützung, sollte Selenskyj nicht einem "Deal" mit Russland zustimmen. Der ukrainische Staatschef verließ das Weiße Haus im Streit, die eigentlich geplante Unterzeichnung eines Rohstoffabkommens zwischen beiden Ländern platzte. Anders als von Kiew gefordert enthielt die Vereinbarung keine konkreten Sicherheitsgarantien der USA.
    Johann Wadephul  CDU | stellvertretender Vorsitzender Unionsfraktion
    "Europäer müssen jetzt zusammenstehen" und die Unterstützung der Ukraine müsse fortgesetzt werden, so Johann Wadephul, stellvertretender Unions-Fraktionsvorsitzender.03.03.2025 | 6:24 min

    Von der Leyen: "Wir müssen Europa dringend aufrüsten"

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will bei dem Sondergipfel am Donnerstag einen umfassenden Plan für die Wiederaufrüstung Europas vorlegen. "Wir müssen Europa dringend aufrüsten", sagte von der Leyen nach dem Ukraine-Gipfel in London. Die EU-Staaten stehen vor der Herausforderung, ihre Verteidigungsausgaben angesichts der Weltlage erheblich steigern zu müssen.
    Flagge der Europäischen Union weht im Wind
    Großbritannien, Finnland und Österreich: Ein Blick auf die Reaktion europäischer Länder beim Krisengipfel auf das, was die Welt am Freitag aus dem Oval Office mitverfolgen musste.03.03.2025 | 4:00 min
    Offen ist die Frage der Finanzierung, da der zusätzliche Investitionsbedarf auf rund 500 Milliarden Euro geschätzt wird - und einige Mitgliedsländer bereits hoch verschuldet sind. Von der Leyen sagte, die Ukraine müsse mit Hilfe der verbündeten Staaten im Grunde "in ein stählernes Stachelschwein" verwandelt werden, das für potenzielle Invasoren unverdaulich sei. Die Ukraine müsse wirtschaftlich wie militärisch in eine Position der Stärke gebracht werden.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump bei einem Wortgefecht im weißen Haus
    Liveblog
    Quelle: dpa, AFP

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