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Massaker an Zivilisten :Syrien: Wie kam es zur neuen Welle der Gewalt?
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Morde, Plünderungen, Rache: Nach Tagen der Gewalt in Syrien hat die Übergangsregierung den Militäreinsatz für beendet erklärt. Wieso kam es zu dem Gewaltausbruch? Ein Überblick.
Nach tagelangen Kämpfen und mutmaßlichen Massakern an hunderten Zivilisten in der Küstenregion im Westen von Syrien hat die Übergangsregierung den dortigen Militäreinsatz am Montag für beendet erklärt. Die Militäroperation gegen Aufständische, die dem gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad loyal ergeben waren, sei beendet worden, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Die Gefechte waren die schwersten, seit mit dem Sturz Assads im Dezember der langjährige Bürgerkrieg in Syrien beendet worden war. Drei Fragen und Antworten zu den jüngsten Gewalttaten in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land.
Was hat die Gewalt ausgelöst?
Die Spannungen nahmen zu, seit Assad Anfang Dezember vor islamistischen Rebellen nach Russland geflohen war. Es kam zu Übergriffen auf Alawiten, die während der jahrzehntelangen Herrschaft der aus ihren Reihen stammenden Assad-Familie wichtige Führungspositionen in Syrien innehatten. Die Angriffe hielten an, obwohl der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa versprochen hatte, dass die neue Führung des Landes eine politische Zukunft für Syrien schaffen werde, die alle Gemeinschaften des Landes einschließt und repräsentiert.
Die jüngsten Auseinandersetzungen hatten am Donnerstag begonnen. Nach Darstellung der neuen Machthaber in Damaskus überfielen bewaffnete Anhänger der gestürzten Assad-Regierung Sicherheitskräfte in der Küstenprovinz Latakia. Die Übergangsregierung reagierte mit einer groß angelegten Militäroperation, bei der auch Artillerie und Panzer eingesetzt wurden.
Wie viele Menschen kamen ums Leben?
Bei den Kämpfen wurden nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 1.300 Menschen von Sicherheitskräften der Übergangsregierung und verbündeten Gruppen getötet, darunter 973 Zivilisten. Unter den Getöteten sind den Angaben zufolge auch mindestens 125 Mitglieder der Sicherheitskräfte der Regierung und 148 Kämpfer bewaffneter Gruppen, die mit Assad verbunden sind. Die Nachrichtenagentur AP konnte die Zahlen nicht prüfen, und widersprüchliche Angaben über Todesopfer bei Angriffen in Syrien waren in den vergangenen Jahren keine Seltenheit.
Bei den meisten Toten handelt es sich offenbar um Angehörige der alawitischen Minderheit, die vor allem in der Küstenprovinz des Landes leben, unter anderem in den Städten Latakia und Tartus. Die Gewalt traf aber auch die christliche Minderheit.
Die Alawiten sind ein Ableger des schiitischen Islams und bildeten einst die Kernwählerschaft der Assad-Regierung in dem mehrheitlich von Sunniten bewohnten Land. In den Augen von Assads Gegnern waren sie privilegiert. Mit der Verschärfung des Bürgerkriegs entstanden im ganzen Land extremistische Gruppen, die die Alawiten als Verbündete Assads und seiner wichtigsten militärischen Unterstützer Russland und Iran betrachteten.
Quelle: AP
Quelle: AP
Die Gruppen Syrien-Kampagne und Syrisches Netzwerk für Menschenrechte, die sich im Bürgerkrieg gegen Assad gestellt hatten, erklärten am Samstag, sowohl Sicherheitskräfte als auch bewaffnete Assad-Anhänger hätten "Massenhinrichtungen und systematische Tötungen" vorgenommen.
Die mutmaßlichen Massaker lösten international Empörung aus. Das Auswärtige Amt in Berlin forderte die Übergangsregierung auf, "die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen", US-Außenminister Marco Rubio machte "radikale islamistische Terroristen" dafür verantwortlich.
Wie geht es jetzt weiter?
Ein Sprecher des syrischen Verteidigungsministeriums erklärte am Montag, es sei den Einsatzkräften "gelungen (...), die Angriffe der Überreste des gestürzten Regimes und seiner Offiziere abzuwehren" und diese aus "entscheidenden" Orten zu vertreiben. Die Kräfte hätten "alle Sicherheitszellen und Regimeüberbleibsel" in Städten wie Latakia und in der Provinz Tartus "neutralisiert". Damit seien alle Ziele des "Militäreinsatzs" erreicht, dieser werde daher eingestellt.
Weiter erklärte der Sprecher, die Bekämpfung der "Überreste des gestürzten Regimes" von Assad werde vorbereitet. Es würden auch Vorkehrungen gegen künftige Gefahren getroffen. Nach den Kämpfen würden nun öffentliche Einrichtungen ihre Arbeit wieder aufnehmen.
Der syrische Interimspräsident Ahmed al-Scharaa versprach am Sonntag, die Urheber der gewalttätigen Auseinandersetzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Sein Büro teilte mit, dass ein unabhängiger Ausschuss die von beiden Seiten begangenen Tötungen untersuchen werde.
Quelle: AP, AFP, dpa, Reuters
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