Politologin zu US-Zöllen: EU kann sich gegen Trump wehren
Interview
Politologin zu US-Zöllen:Von Daniels: EU kann sich gegen Trump wehren
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Die EU hat durchaus Möglichkeiten, sich gegen Trumps Zoll-Politik zur Wehr zu setzen, so Politikwissenschaftlerin von Daniels im ZDF. Die EU könne optimistisch bleiben.
Sehen Sie hier das Gespräch mit Politikwissenschaftlerin Laura von Daniels in voller Länge.11.02.2025 | 5:23 min
US-Präsident Donald Trump hat Zölle von 25 Prozent auf Stahl- und Aluminiumimporte verhängt. Diese sollen für alle Länder gelten. Der Verband der europäischen Stahlindustrie warnt, dass die neuen Zölle die Produktion in der EU stark gefährden könnten.
Warum die EU trotzdem weiter optimistisch bleiben kann und welche Taktik Trump mit seinen Zöllen verfolgt - darauf hat Politikwissenschaftlerin Laura von Daniels Antworten.
Sehen Sie das Interview oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.
Im Gespräch mit dem ZDF heute journal betont von Daniels, dass ...
... es auch ein bisschen Grund zum Optimismus gibt
Natürlich machten die Ankündigungen aus den USA Sorgen, sagt die Politikwissenschaftlerin, die die Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin leitet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bleibe aber "zurecht" optimistisch.
Zölle sind in der Regel Abgaben, die beim Import, also bei der Einfuhr, von Waren erhoben werden. Landläufig ist auch von Schutzzöllen oder Strafzöllen die Rede - das liegt immer im Auge des Betrachters:
Wer die Zölle verhängt, spricht eher von Schutzzöllen, die die eigene Wirtschaft oder Sicherheit schützen.
Der Geschädigte hingegen spricht eher von Strafzöllen, weil er sich als Konkurrent bestraft fühlt.
Zölle können aber auch beim Export aus einem Staat oder Wirtschaftsraum heraus anfallen, dann spricht man von Ausfuhrzöllen.
Einfuhr- oder auch Importzölle sollen heimische Industrien vor fremder Konkurrenz schützen, indem sie deren Güter verteuern. Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Waren auf dem heimischen Markt. Konsumenten greifen dann eher zu Produkten aus dem Inland.
Ein Beispiel: Die EU erhebt seit Ende Oktober 2024 Extrazölle auf Elektroautos aus China. Die Europäische Kommission will damit die Zukunft der Autoindustrie in der EU sichern. Sie kam bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass chinesische Hersteller von unfairen Subventionen profitieren, die ihnen einen erheblichen Vorteil auf dem europäischen Markt verschaffen.
Ausfuhrzölle können als Einnahmequelle für einen Staat dienen oder etwa, um den Export begehrter Güter ins Ausland zu begrenzen. Mittel, um Zölle und andere Handelsbarrieren abzubauen, sind Freihandelsabkommen, etwa beim geplanten Abkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur.
Einfuhrzölle halten Importe von Waren anderer Länder vom eigenen, damit geschützten Markt fern. Das kann die Absatzchancen von Gütern aus Drittländern schmälern und dort den Aufbau von Industrien behindern. Zudem verteuern Zölle Importe.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel etwa warnte vor den Zollplänen von US-Präsident Donald Trump und bezeichnete sie als möglichen "Wendepunkt für die internationale Handelsordnung". Betroffene Länder könnten zu Vergeltungsmaßnahmen greifen. Zollerhöhungen würden den Konsum teurer machen und die Inflation anfachen. "Das macht uns alle ärmer."
Simone Menne, Präsidentin der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham Germany), verweist darauf, dass hohe Einfuhrzölle Trump und der US-Wirtschaft selbst schaden: "Dann würden die Preise in den USA steigen, die Inflation zunehmen und der Dollar stärker bewertet werden, was die US-Exporte verteuert."
"Die EU hat einiges im Petto", so von Daniels. Das betreffe sowohl Abwehrmaßnahmen gegen US-Zölle als auch "einen Korb von Angeboten", die die EU der Trump-Regierung unterbreiten könne, um ins Gespräch zu kommen.
Das gibt natürlich auch ein bisschen Grund zu Optimismus.
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Laura von Daniels, Stiftung Wissenschaft und Politik
... von der Leyen vor einer Mammutaufgabe steht
Voraussetzung dafür sei aber, dass alle europäischen Länder an einem Strang ziehen. "Das ist sicherlich die Mammutaufgabe, vor der die EU-Kommissionspräsidentin jetzt steht", so von Daniels.
Es gehe nicht nur um den Schlagabtausch mit Trump, sondern auch um das Zusammenhalten der 27 EU-Staaten. Die Frage sei: "Ziehen alle an einem Strang und geben von der Leyen das Mandat dazu?"
US-Präsident Trump macht ernst: Wie sehr treffen die Zölle die EU? Ulf Röller berichtet. 11.02.2025 | 1:09 min
"Das ist das große Problem für uns in Europa, dass es ihm auf die Art und Weise gelingen kann, da einen Keil zwischen die Europäer zu treiben und unsere Interessen voneinander zu spalten", so von Daniels. Die "Erpressbarkeiten" seien bei den 27 EU-Staaten unterschiedlich gelagert. "Da haut Trump einen Keil dazwischen."
Aktuell betreffen vor allem die Zölle auf Stahl und Aluminium die EU. Trump hat aber bereits angekündigt, auch Zölle auf Autos und andere Bereiche zu erheben. "Was wir jetzt erleben, ist nur ein erster Schuss vor den Bug."
Entschlossen und verhältnismäßig wolle man auf die US-Zölle reagieren, so die EU-Kommissionspräsidentin. Nun traf sie den US-Vize Vance. Eine erste Annäherung soll es gegeben haben.12.02.2025 | 1:58 min
... Trump die Zölle auch als Einnahmequelle nutzt
Was will Trump eigentlich mit den Zöllen erreichen? Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten. Aus Sicht von Politikwissenschaftlerin von Daniels gibt es zwei wesentliche Gründe:
1) Von Daniels betont, dass Trump die Zölle einerseits als Hebel benutze. Er wolle "bestimmte außenpolitische, manchmal auch sicherheitspolitische Ziele erreichen und verknüpft die Zölle mit diesen Zielen."
2) Der zweite Fakor sei, dass Trump die Zölle als Einkunftsquelle sieht. Er wolle eine Steuerbehörde einrichten, die "Außensteuern" einnehmen soll. Das habe er bereits am ersten Amtstag in die Wege geleitet.
Nach Ansicht von Fachleuten wird das jedoch nicht reichen. "Das ist ihm aber egal."
Es ist eine Maßnahme, die er gut verkaufen kann, die so aussieht wie das Handeln eines starken Mannes und wir wissen, das ist das, worauf es ihm am meisten ankommt.
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Laura von Daniels, Politikwissenschaftlerin
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen möchte entschlossen auf die von US-Präsident Trump angekündigten Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe reagieren. Ulf Röller berichtet. 11.02.2025 | 1:09 min
... Trump mit den Zöllen in der ersten Amtszeit nicht viel erreicht hat
Auch in der ersten Amtszeit erhob Trump Zölle gegen Länder. Gebracht habe ihm das wenig. Beispielsweise war Trump besonders hart und konsequent gegen China vorgegangen. "Da gab es kurzfristig einen Rückgang des US-Handelsdefizits bei Waren. Das ist sehr schnell wieder zurückgesprungen."
"Und die Vereinbarung, die er damals mit Chinas Staatschef Xi Jinping getroffen hat, die war eher eine Luftnummer." Schließlich gefährdete Trump mit den Zöllen Arbeitsplätze in den USA.
Das Gespräch führte Marietta Slomka, zusammengefasst hat es Katharina Schuster.
Quelle: dpa
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