Trump-Deal wäre für Expertin "Kapitulation der Ukraine"
Interview
Expertin Stefanie Babst:Trump-Deal wäre "Kapitulation der Ukraine"
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Trumps Plan für Frieden zwischen Russland und der Ukraine sehe nichts anderes als die Kapitulation der Ukraine vor, sagt Expertin Stefanie Babst. Europa dürfe das nicht zulassen.
"De facto haben die Amerikaner bereits begonnen, das transatlantische Bündnis massiv zu zerstören", so die ehemalige Nato-Chefstrategin Stefanie Babst zu den ausgesetzten Militärhilfen.04.03.2025 | 6:05 min
Der Konflikt zwischen den USA und der Ukraine rund um Friedensverhandlungen und die Unterstützung im Kampf gegen die russischen Angriffe spitzt sich zu. Die USA stoppt vorerst die Militärhilfe für die Ukraine. Schätzungen zufolge hätte das Land nur noch bis zum Sommer genügend Waffen, um in der gleichen Intensität weiterkämpfen zu können.
Europa stellt sich bereits seit dem Eklat im Weißen Haus zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj noch stärker an die Seite der Ukraine, unternimmt eigene Bemühungen für eine Waffenruhe. Können die Europäer die Lücke schließen, die die USA bei den Militärhilfen hinterlassen? "Sie haben gar keine andere Wahl", sagt Stefanie Babst, Politologin und Ex-Nato-Chefstrategin im ZDF-Morgenmagazin.
... arbeitete über 20 Jahre lang in verschiedenen hochrangigen Funktionen bei der Nato in Brüssel. Im Mai 2006 ernannte sie der Nato-Generalsekretär zur Stellvertretenden Beigeordneten Generalsekretärin für Public Diplomacy der Nato. Damit wurde sie zur ranghöchsten deutschen Frau im Internationalen Stab der Nato. Von 2012 bis 2020 leitete sie den strategischen Planungsstab. Mittlerweile ist sie als Sicherheitsexpertin und Strategieberaterin gefragt.
Babst: "Russische Seite hat kein Interesse an Friedensverhandlung"
Trump versuche, "nachdem er jetzt eindeutig die Seite gewechselt hat", den Ukrainern und Europäern einen Deal aufzuzwingen.
Und das kann keine Option für uns sein, weil dieser Deal nichts anderes wäre als die Kapitulation der Ukraine.
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Stefanie Babst, Ex-Nato-Chefstrategin
Die russische Seite habe überhaupt kein Interesse an einer Friedensverhandlung. "Jeden einzelnen Tag greift sie die Ukraine weiter an, sie weigert sich, mit Präsident Selenskyj zu sprechen", so Babst.
Wenn Selenskyj nun etwa zurücktreten würde, was ja der Wunsch von Trump und Wladimir Putin sei, würde das einer völligen Unterwerfung der Ukraine gegenüber Russland gleichkommen. "Und das kann nicht im Interesse Europas sein." Daher gilt es laut Babst, die Ukraine nach Kräften militärisch zu unterstützen.
Der Eklat zwischen Trump und Selenskyj zieht weitere Konsequenzen nach sich: Der US-Präsident setzt die Militärhilfen für die Ukraine vorerst aus. Europa steht unter Zugzwang.04.03.2025 | 2:50 min
Keine Hoffnung mehr auf Unterstützung durch die USA
Die Politologin hält es für irreführend, jetzt vonseiten der Ukraine und Europas noch auf die Unterstützung der USA zu hoffen. "Wir haben gegenwärtig einen amerikanischen Präsidenten, der eins zu eins das Kreml-Narrativ bedient. Der nicht nur mit Worten die Seiten gewechselt hat, sondern auch ganz konkret mit Taten", sagt Babst und verweist etwa auf die Entscheidung der US-Administration, die Cyber-Aktivitäten der USA gegen Russland auszusetzen.
Trump und die USA hätten das transatlantische Bündnis schon so weit zerstört, dass die Europäer sich von der Vorstellung verabschieden müssten, noch irgendeinen Einfluss auf den Kurs der USA zu haben.
Expertin: Europa braucht mehr Verbündete
Stattdessen sei es an der Zeit, dass die Europäer "aus der reaktiven Ecke herauskommen und zeigen, dass sie die Ukraine wirklich weiter unterstützen (...), sie sich nicht zusammen mit der Ukraine einem russischen Aggressor unterwerfen."
Präsident Emmanuel Macron fordert schon lange ein souveränes Europa. Frankreich könnte als einzige Atommacht der EU eine wichtige Rolle in deren Sicherheitsarchitektur einnehmen.03.03.2025 | 2:33 min
Konkret fordert sie die militärische Ausrüstung der Ukraine durch Europa. Außerdem gelte es, sich mit anderen demokratischen Unterstützern wie Japan, Südkorea oder Kanada enger zu verbinden, um Russland "und leider auch dem Disruptor Trump" etwas entgegenzusetzen.
Skepsis gegenüber europäischem Waffenruhe-Plan
Die vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorgelegten Pläne für eine Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine bewertet Babst skeptisch.
Sie können doch nur über eine Waffenruhe reden, wenn der Aggressor (...) auch wirklich Bereitschaft zeigt, die Waffen schweigen zu lassen.
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Stefanie Babst
Das sei auf der russischen Seite jedoch nicht erkennbar. Eine Diskussion über Waffenruhe und Frieden sei natürlich grundsätzlich richtig, sie dürfe die Ukraine aber nicht zur Kapitulation vor Russland zwingen.
"Und vor diesem Hintergrund ist die Grundprämisse der Europäer, sich hier noch irgendwie an die USA zu klammern, irreführend und falsch und ich kann nur hoffen, dass das korrigiert wird", schließt Babst das Gespräch.
Das Interview führte Eva-Marie Lemke, zusammengefasst hat es Marie Ahlers.
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.