Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung ist die Demokratie weltweit gefährdet. Erstmals seit 2004 gäbe es international mehr autokratische als demokratisch regierte Staaten.
Die Zahl der autoritären Regierungen nimmt laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung weiter zu. Erstmals seit 2004 verzeichnete der am Mittwoch veröffentlichte Bertelsmann Transformationsindex (BTI) mehr autokratische als demokratische Staaten.
Von 137 untersuchten Ländern waren demnach nur noch 67 Demokratien, die Zahl der Autokratien stieg auf 70.
Sieben neue Autokratien - Länder wie Brasilien gelten nun als "defekte Demokratien"
Sieben Länder sind in dem jüngsten Bericht neu als Autokratien klassifiziert. Sie alle liegen in Subsahara-Afrika: Elfenbeinküste, Guinea, Madagaskar, Mali, Nigeria, Sambia und Tansania.
Der Trend zu autoritären Regierungen ist laut dem Bericht nicht neu. Eine schleichende Autokratisierung zeichne sich schon länger ab: In den vergangenen zehn Jahren habe nahezu jede fünfte Demokratie an Qualität eingebüßt. Einge Länder wie Brasilien, Bulgarien, Indien, Serbien, Ungarn und Polen gelten nun als "defekte Demokratien".
Vertrauen leichtfertig verspielt
"Autoritäre Taktiken anzuwenden, statt Probleme zu lösen, ist in demokratischen Gesellschaften besonders verheerend. Das leichtfertig verspielte Vertrauen kann nur schwer wieder hergestellt werden", erklärte Sabine Donner, Demokratie-Expertin der Bertelsmann-Stiftung.
Die Corona-Pandemie ließ laut dem Bericht bestehende Defizite bei Wirtschaftsentwicklung und Regierungsleistung noch deutlicher zutage treten. In 78 Staaten führte die Corona-Krise demnach zu einem deutlichen Einbruch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Positive Entwicklung: Zivilgesellschaftliches Engagement
Die Pandemie habe gezeigt, dass ein erfolgreiches Krisenmanagement vor allem von der Gestaltungsfähigkeit der Regierungen abhängt, die im Governance-Index des BTI erfasst wird, erklärten die Autoren. Unter den 36 Staaten, die dort gut abschnitten, sind demnach nur drei Autokratien.
Als positive Entwicklung führt der Bericht ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement gegen autoritäre Trends in vielen Staaten auf. "Oft gerade dort, wo Regierungen in der Pandemie versagten, zeigte sich eine bemerkenswerte Stärke bürgerschaftlichen Engagements und gesellschaftlicher Solidarität, die staatliche Versorgungslücken zu überbrücken halfen", erklärten die Verfasser.
Autoren gegen Korruption
Zivilgesellschaftliche Akteure seien häufig auch "die letzte Bastion im Kampf gegen Autokratisierung", etwa in Belarus, Myanmar und im Sudan. Sie forderten mit Vehemenz überfällige gesellschaftliche Reformen ein wie in Chile oder stemmten sich erfolgreich gegen Korruption und Amtsmissbrauch wie in Bulgarien, Rumänien oder Tschechien, hieß es.