Ministerpräsident Kretschmann will erneut mit der CDU zusammen regieren. Die Grüne Jugend sieht darin einen "schlechten Aprilscherz". Die CDU wird Zugeständnisse machen müssen.
Nach dem großen Widerstand bei den Grünen in Baden-Württemberg gegen eine Koalition mit der CDU bemühen sich die Spitzen beider Parteien darum, Zweifel an einer Neuauflage der grün-schwarzen Koalition zu zerstreuen.
Besonders die Jüngeren an der grünen Basis sollen dem Vernehmen nach eine Ampel bevorzugen.
Kretschmann muss bei Parteibasis Überzeugungsarbeit leisten
Ministerpräsident Winfried Kretschmann traf sich am Karfreitag mit dem grünen Landesvorstand in Stuttgart, um nochmal ausführlich seine Gründe für eine Koalition mit der CDU und gegen eine Ampel mit SPD und FDP zu erklären.
Die Union ließ sich von der Skepsis bei der Ökopartei nicht beirren und gab in den Gremien einstimmig grünes Licht für Koalitionsverhandlungen. CDU-Chef Thomas Strobl sagte:
Die Grüne Jugend widersprach, die Entscheidung sei "ein schlechter Aprilscherz".
Skepsis offenbar bei den Jüngeren
Der grünen Zusage an die CDU war eine schwere Belastungsprobe vorausgegangen. Der Grünen-Vorstand hatte am Donnerstag das Votum des Verhandlungsteams um Kretschmann für eine Koalition mit der CDU in einer virtuellen Sitzung zunächst aufgehalten.
Vor allem die Jüngeren sollen eine Ampel bevorzugen und haben damit insbesondere Kretschmann widersprochen.
Der Sprecher der Grünen Jugend, Deniz Gedik, erklärte die Beweggründe für die Skepsis: "Dass die CDU kein zuverlässiger Partner ist, hat sie in der letzten Legislatur gezeigt. Jetzt einfach in dem alten Bündnis weiterzumachen, ist ein Schlag ins Gesicht aller engagierten grünen Mitglieder, die für einen echten Aufbruch Wahlkampf gemacht haben."
Erst nach internen Krisengesprächen am späten Donnerstag Nachmittag gab es ein Votum für eine Fortsetzung der bisherigen grün-schwarzen Koalition. 13 Mitglieder stimmten dafür, 4 dagegen, 2 enthielten sich.
Erwartungen an den möglichen Koalitionspartner
Schon an diesem Samstag wollen Grüne und CDU mit einem gemeinsamen Papier die Grundlage für die Koalitionsgespräche schaffen. Allerdings erwartet die Partei von Winfried Kretschmann nun, dass die Union vor allem beim Klimaschutz besser mitzieht als in den vergangenen fünf Jahren.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir ermahnte die CDU, kompromissbereit zu bleiben. Die Zusage sei "jetzt kein Freibrief" für die Union.
Arbeitgeber fordern Regierungsbeteiligung der CDU
Die Arbeitgeber im Südwesten, die Anfang der Woche massiv Stimmung für eine Regierungsbeteiligung der CDU und gegen eine Ampel gemacht hatten, formulierten andere Erwartungen.
Rainer Dulger, Präsident der Unternehmer, forderte neue Impulse für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Es dürfe kein "Weiter so" geben.
Vielmehr brauche es eine Politik, "die auf Investitionen statt auf Wohltaten setzt, Bildung priorisiert, Infrastruktur leistungsfähig macht, eine wettbewerbsfähige Energieversorgung befördert, Innovationen begünstigt sowie Belastungen und Bürokratie reduziert".
Landtagswahl in Baden-Württemberg mit Signal an Berlin
Die Grünen hatten die CDU bei der Landtagswahl vor zweieinhalb Wochen klar hinter sich gelassen. Sie kamen auf historisch gute 32,6 Prozent, die CDU nur noch auf 24,1 Prozent.
Daraufhin hatte die Union Sorge, sie könne bei einer Ampel neben der AfD in der Opposition landen. Nun haben Grüne und Schwarze etwa sechs Wochen Zeit, um einen Koalitionsvertrag auszuarbeiten.
Die Entscheidung im Südwesten ist auch ein Signal an Berlin, knapp ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl: Hätten sich die Grünen für SPD und FDP entschieden, wäre es die erste grün-geführte Ampel-Koalition bundesweit gewesen.
Kretschmann, der sich gut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versteht, kann sich aber auch ein Bündnis mit der Union vorstellen - im Zweifel auch mit einer Grünen oder einem Grünen im Kanzleramt.
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