Seit Wochen zeigt sich Kretschmann in Baden-Württemberg als harter Corona-Krisenmanager. Jetzt haben ihn die Grünen erneut zum Spitzenkandidaten gewählt.
In Corona-Zeiten steht auch der Wahlkampf Kopf. Früher versprachen Regierende schon mal Geschenke, in der Pandemie geben sie den harten Hund. In Baden-Württemberg warnt und mahnt Winfried Kretschmann seit Wochen, der Teil-Lockdown werde nicht reichen, um die zweite Corona-Welle zu brechen.
Grüner Kretschmann kandidiert als Spitzenkandidat
Beim Landesparteitag am Samstag in Reutlingen präsentiert der 72-Jährige die ultimative Zumutung: Der bundesweite Lockdown komme sehr wahrscheinlich schon vor Weihnachten.
Zu seiner Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl sagt er: "Es ist gerade nicht leicht, über die Wahl zu sprechen." Er müsse sich auf den Kampf gegen das Coronavirus konzentrieren.
Harte Krisenmanager genießen Vertrauen. Die Landtagswahl im Südwesten am 14. März ist der Aufgalopp in ein Superwahljahr, an dessen Ende sich entscheidet, ob die Grünen nach 16 Jahren im Bund wieder an die Macht kommen.
Starker Rückenwind auch für Bundes-Grüne
Wenn es Kretschmann wieder gelingt, die Südwest-CDU auf Rang zwei zu verweisen, wäre das starker Rückenwind für Annalena Baerbock und Robert Habeck. Grünen-Chef Habeck sagte denn auch in einer Videobotschaft, die Grünen kämpften "um die Richtlinienkompetenz - erst in Baden-Württemberg, dann im Bund".
In der Corona-Pandemie hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten vor allem Markus Söder als tatkräftiger Krisenmanager präsentiert - mit Erfolg, wie die Umfragen zeigen. Wenn alle Deutschen den Kanzlerkandidaten der Union bestimmen dürften, wären 58 Prozent für den bayerischen Ministerpräsidenten. Dass diejenigen, die eher für einen harten Kurs in der Corona-Krise eintreten, in der Wählergunst oft steigen, dürfte auch Kretschmann nicht verborgen geblieben sein.
Bittere Corona-Pille: Kein größeres Weihnachtsfest
Und so verabreicht Kretschmann per Internet zugeschalteten Delegierten eine bittere Pille. Ein größeres Familienfest an Weihnachten oder ein Treffen mit Freunden komme nicht infrage. Das habe er am Vormittag mit Kanzlerin Angela Merkel, Söder und anderen Unions-Regierungschefs vereinbart.
Seinem Wahlergebnis schadet die unfrohe Botschaft nicht.
Kretschmann wird mit 91,5 Prozent zum Spitzenkandidaten gewählt. 193 Delegierte stimmen für den Oberrealo, 10 mit Nein, 8 enthalten sich. Es sind fünf Prozentpunkte weniger als bei der Kür vor fünf Jahren, bei der er 96,8 Prozent bekam. Kretschmann hatte auch diesmal keinen Gegenkandidaten.
Kretschmann hält sich Koalitionsfrage offen
Im Bund deuten viele Zeichen darauf hin, dass die Grünen nach der Bundestagswahl im Herbst mit der Union regieren könnten. Kretschmann hält sich denn auch die Koalitionsfrage offen.
Im Land liegen in Umfragen mal die Grünen vorn, mal rangiert die CDU mit ihrer Spitzenkandidatin, Kultusministerin Susanne Eisenmann (56), vorn. Allerdings hängt Kretschmann seine Herausforderin bei den persönlichen Werten deutlich ab.
Eine vierte Amtszeit will Kretschmann nicht
Kretschmann sagt am Rande des Parteitags nur:
Bei den Grünen steht zur nächsten Wahlperiode ein Generationswechsel an. Bewährte Kräfte wie Finanzministerin Edith Sitzmann und Umweltminister Franz Untersteller hören auf. Letzterer musste jüngst auch noch Spott über sich ergehen lassen, weil er mit seinem Auto mit 177 Sachen über die Autobahn gerast war, obwohl nur 120 km/h erlaubt waren.
Fritz Kuhn ist als Stuttgarter OB nicht mehr angetreten. Prompt ging die Wahl mit der Kandidatin Veronika Kienzle klar verloren. Der letzte grüne OB in einer größeren Stadt ist Boris Palmer in Tübingen. Doch der ist wegen diverser Provokationen vor allem für Parteilinke ein rotes Tuch.