Bahn-Sabotage: Lässt sich kritische Infrastruktur schützen?

    Nach Bahn-Sabotage:Lässt sich kritische Infrastruktur schützen?

    09.10.2022 | 16:09
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    Die Sabotage bei der Bahn wirft die Frage auf, wie gefährdet kritische Infrastruktur in Deutschland ist - und ob sich diese überhaupt schützen lässt.

    Niedersachsen, Hannover: Ein ICE steht im Hauptbahnhof Hannover an einem verwaisten Bahnsteig, nachdem der Fernverkehr in Norddeutschland zum Erliegen gekommen ist.
    Niedersachsen, Hannover: Ein ICE steht im Hauptbahnhof Hannover an einem verwaisten Bahnsteig, nachdem der Fernverkehr in Norddeutschland zum Erliegen gekommen ist.
    Quelle: Moritz Frankenberg/dpa

    Es war eine Hiobsbotschaft für Zugreisende - und eine Nachricht, die große Sorge um die kritische Infrastruktur in Deutschland auslöst: Am Samstag steht der Bahnverkehr im Norden des Landes plötzlich still. Schuld, das wird noch am selben Tag klar, sind nicht etwa ein technischer Defekt oder ein heftiger Sturm. Der Grund ist Sabotage.
    Die Bahn wurde Opfer eines gezielten Angriffs, das machen erst das Unternehmen selbst und wenig später auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing öffentlich. "Es wurden Kabel mutwillig und vorsätzlich durchtrennt, die für den Zugverkehr unverzichtbar sind", so der FDP-Politiker. Ohne sie ging nichts mehr.

    Was zählt zur kritischen Infrastruktur?

    Da stellen sich vor allem zwei zentrale Fragen: Wer war das? Und wie verwundbar ist die kritische Infrastruktur hierzulande?
    Zu dieser zählen nach einer Definition der Bundesregierung alle "Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden" - neben Energieversorgern und Gesundheitswesen eben auch die Bahn.

    Was kann man tun, um kritische Infrastruktur zu schützen?

    Beim Schutz dieser Systeme gebe es "erhebliche Probleme", auf die seit langem hingewiesen werde, sagt der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, der Vorsitzende des Parlamentarische Kontrollgremiums für die Geheimdienste im Bundestag. "Zum Teil liegt das daran, dass Zuständigkeiten unklar sind."
    Auch Grünen-Chef Omid Nouripour fordert Verbesserungen. "Der Vorfall zeigt deutlich, dass wir drei Dinge tun müssen", sagte Nouripour am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Erstens müsse erheblich in den Schutz kritischer Infrastruktur investiert werden, zu der unter anderem Energieversorgung, Telekommunikation oder Verkehr gehörten.
    "Zweitens müssen wir den Zivil- und Katastrophenschutz besser ausstatten, um gut auf Gefahren vorbereitet zu sein. Drittens müssen Polizei und Nachrichtendienste verstärkt den Schutz besonders gefährdeter Anlagen in den Blick nehmen."

    Gefährdete Infrastruktur
    :Bundeswehr: "Nicht Frieden, noch nicht Krieg"

    Der Krieg in der Ukraine, aber auch der Sabotageakt bei der Bahn geben zu denken: Es mehren sich Rufe nach einem besseren Schutz der kritischen Infrastruktur in Deutschland.
    Archiv: Ein Arbeiter untersucht Bahngleise, aufgenommen am 12.05.2018 in München

    General warnt vor Angriffen auf Infrastruktur

    Mit Blick auf die allgemeine geopolitische Lage seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine warnt in der "Bild am Sonntag" auch Bundeswehr-General Carsten Breuer vor zunehmenden Angriffen auf die Infrastruktur in Deutschland.

    Jede Umspannstation, jedes Kraftwerk, jede Pipeline kann attackiert werden, kann ein mögliches Ziel sein.

    Carsten Breuer, Bundeswehr-General

    "Wir stellen uns hier im Kommando vor allem auf hybride Bedrohungen ein", so Breuer. Mittlerweile hat in Berlin der Staatsschutz des Landeskriminalamts die Ermittlungen übernommen.

    Hatten Täter Insider-Wissen von der Bahn?

    Spekuliert wird derzeit auch über die Frage, ob möglicherweise Insiderwissen aus der Bahn selbst eine Rolle gespielt haben könnte. Einen entsprechenden "Bild"-Bericht kommentierten aber weder das BKA noch das Bundesinnenministerium.

    Experte: Profis für Sabotage verantwortlich

    Sicherheitsexperte Peter Neumann hält einen Angriff Russlands auf die kritische Infrastruktur in Deutschland für denkbar. Er glaube, dass die Plausibilität dafür "ziemlich hoch" sei: "Russland hat schon ein Interesse daran, in Europa Panik zu verursachen und zu signalisieren, dass es ganz heftig das Leben lahmlegen kann", sagte der Experte für Terrorismus und Geopolitik dem Sender RTL. Es sei erhebliches Wissen nötig, um diese Knotenpunkte anzugreifen.

    Es waren wahrscheinlich nicht Amateure oder Einzeltäter, sondern es war etwas, das von Profis durchgeführt wurde.

    Peter Neumann, Sicherheitsexperte

    Neumann gibt jedoch zu bedenken: "Es gibt aber natürlich keine eindeutigen Beweise. Deswegen muss man schon vorsichtig sein. Momentan ist es noch eine Theorie."

    Flächendeckender Schutz kaum möglich

    Das Schienennetz "dauerhaft flächendeckend zu schützen ist nicht möglich", hatte erst vor wenigen Tagen eine Sprecherin der Bahn der Wochenzeitung "Die Zeit" gesagt. Anschläge auf Schienen und Kabel der Bahn gab es - in anderer Dimension - in der Vergangenheit immer mal wieder. Häufig geriet dabei auch die linksextreme Szene in Verdacht.
    Quelle: dpa

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