Wegen der Abstandsregel werden in Bayern kaum noch neue Windräder gebaut. Es ist der zentrale Konflikt, wenn sich Klimaschutzminister Habeck und Ministerpräsident Söder treffen.
Bürgermeister Erwin Karg ist stolz auf seinen kleinen Beitrag zur Energiewende. Vier Windräder hat die bayerische Gemeinde Fuchstal gebaut - in Eigenregie. "Es kann nicht sein, dass von irgendwoher ein Investor kommt und die Windräder bei uns baut", sagt Karg. "Die bauen wir selbst, zusammen mit unseren Bürgern. Und die Wertschöpfung bleibt im Ort." In Fuchstal konnten sich die Bürger finanziell am Windpark beteiligen - sie profitieren seither von satten Renditen, 2019 waren es 19 Prozent.
Jetzt plant Karg drei weitere Anlagen. Bürger, die investieren wollen, stehen Schlange.
Fuchstal ist eine Gemeinde in Windkraft-Stimmung, das ist selten geworden in Bayern.
10-H-Regel bremst Windkraft in Bayern aus
Ein Grund: Seit 2014 gilt im Freistaat die 10-H-Regel. Das bedeutet, dass der Abstand eines Windrades zur nächsten Wohnsiedlung mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss, bei 200 Metern Rotorhöhe also zwei Kilometer. Es handelt sich um die schärfste Abstandsregelung in Deutschland.
Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte die Vorschrift einst eingeführt, um eine "Verspargelung" der bayerischen Landschaft zu verhindern. Es hatte damals viel Bürgerprotest gegen Windräder gegeben.
De facto hat die Regelung die Windkraft in Bayern beinahe komplett ausgebremst. Während die Zahl neuer Windräder in Bayern bis 2014 stetig anwuchs - damals waren es 160 neue Anlagen im Jahr -, ging der Windkraft ab 2015 die Puste aus. Seit 2018 sind jährlich nur Anlagen im einstelligen Bereich gebaut worden. Im vergangenen Jahr gingen bis 30. September gerade einmal acht Anlagen ans Netz.
Streit zwischen Berlin und Bayern
Die Reaktion aus München ließ nicht lange auf sich warten. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte zur Deutsche Presseagentur:
Landesregierung unter Druck
Doch die Kritik kommt nicht nur von Habeck. Die bayerische Staatsregierung gerät in diesen Tagen von vielen Seiten unter Druck. In seltener Einigkeit kämpfen die bayerische Wirtschaft und Naturschützer gegen den bayerischen Weg. "Wir müssen leider feststellen, dass die 10-H-Regelung ein Fehlschlag war, also brauchen wir sie auch nicht mehr", sagte etwa Bertram Brossardt, der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft.
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Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) sieht das ähnlich: "Den Ausbau der Windenergie in Bayern verhindert nicht der Artenschutz, sondern allein die 10-H-Regel", sagte der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer.
Zurück in Fuchstal: Auch Bürgermeister Karg hält wenig von der strengen bayerischen Abstandregel. "Wenn wir die 10-H-Regel nicht abschaffen, werden wir die Klimaziele nicht erreichen", sagt er.