Was wird aus den EU-Ambitionen der Ukraine?

    FAQ

    Im Schatten des Krieges:Was wird aus den EU-Ambitionen der Ukraine?

    11.06.2022 | 18:56
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    Angesichts des russischen Angriffs könnte der EU-Beitritt der Ukraine in greifbare Nähe rücken. Welche Hindernisse gibt es noch? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

    Wegen eines möglichen EU-Beitritts der Ukraine hat die Kommissionspräsidentin von der Leyen heute ziemlich überraschend Kiew besucht. Die Entscheidung könnte nächste Woche fallen.11.06.2022 | 2:13 min
    Die Ukraine hatte im März, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar, einen Antrag auf Annahme in die EU gestellt. Die EU-Staaten beauftragten die EU-Kommission daraufhin, eine Empfehlung abzugeben, ob die Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten bekommen sollte. Für die Ukraine ist der Weg in die EU von entscheidender Bedeutung, wie Präsident Selenskyj am Samstag bekräftigte. "Das ukrainische Volk hat bereits einen riesigen Beitrag bei der Verteidigung der gemeinsamen Freiheit und der gemeinsamen Werte geleistet", sagte er.

    Eine positive Antwort der Europäischen Union auf den ukrainischen Antrag zur EU-Mitgliedschaft kann eine positive Antwort auf die Frage sein, ob es überhaupt eine Zukunft des europäischen Projekts gibt.

    Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine

    Wie entscheidet die EU?

    Welche eine Empfehlung die EU-Kommission kommende Woche abgeben wird, ließ ihre Präsidentin Ursula von der Leyen am Samstag in Kiew offen. Möglich ist, dass sie sich für einen uneingeschränkten Kandidatenstatus ausspricht. Denkbar wären aber auch der Status eines potenziellen Beitrittskandidaten oder eine Verschiebung der Entscheidung. Auf Grundlage der Empfehlung müssen dann die EU-Staaten einstimmig darüber entscheiden, wie es weitergeht. Dies soll bei einem EU-Gipfel am 23. und 24. Juni geschehen.

    Wie ist die Haltung der einzelnen Länder?

    Die Ansichten der EU-Staaten gehen bislang weit auseinander, obwohl die Entscheidung über den Kandidatenstatus die Aufnahmeentscheidung nicht vorwegnimmt und auch nicht mit einem Zeitrahmen verbunden ist. So ist die Türkei beispielsweise bereits seit 1999 EU-Beitrittskandidat.
    Staaten wie Estland, Litauen und Lettland, aber auch Italien oder Irland machen sich nachdrücklich dafür stark, die Ukraine zügig zum EU-Kandidaten zu machen. Das sei "eine wichtige politische Botschaft, die wir so schnell wie möglich senden müssen", sagte der litauische Staatspräsident Gitanas Nauseda am Dienstag nach Gesprächen mit Kanzler Olaf Scholz. Skeptisch sind dagegen etwa Frankreich, die Niederlande und Dänemark.

    Wie ist Deutschlands Position?

    Wie Deutschland sich positionieren wird, ist bislang unklar. Während Regierungsmitglieder wie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sich deutlich für den Kandidatenstatus der Ukraine aussprechen, hat Bundeskanzler Scholz sich bislang nicht klar geäußert. Er betonte lediglich, dass er keine Sonderregeln für einen beschleunigten EU-Beitritt der Ukraine akzeptieren werde. Dabei verwies der SPD-Politiker auch darauf, dass dies nicht fair gegenüber den sechs Ländern des westlichen Balkan sei, die ebenfalls auf einen Beitritt zur EU hoffen.
    Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Albanien sind EU-Beitrittskandidaten. Das Kosovo und Bosnien-Herzegowina warten noch auf diesen Status. Die Annäherung stockt seit Jahren, Scholz will für eine neue Dynamik sorgen. Für Nordmazedonien forderte er am Samstag auf einer Balkanreise die sofortige Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen, die bislang von Bulgarien blockiert wird.

    Welche Haltung hat Kiew?


    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte am Freitag erneut an die EU-Mitgliedstaaten, seinem Land den Kandidatenstatus zu gewähren. Die Ukraine müsse "aus der Grauzone geholt" werden, forderte er in einer Videoansprache. Die EU habe die Gelegenheit zu beweisen, "dass die Worte zur Mitgliedschaft des ukrainischen Volkes in der europäischen Familie nicht in den Wind gesprochen waren".
    Selenskyj verwies auf Umfragen, denen zufolge 71 Prozent der Europäer die Ukraine als Teil Europas betrachten. "Warum gibt es dann immer noch politische Skeptiker, die zögern uns zu erlauben, der Europäischen Union beizutreten?"
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    Quelle: AFP, dpa
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