Berliner Chaos-Wahl wird komplett wiederholt

    FAQ

    Wegen zahlreicher Pannen:Berliner Chaos-Wahl wird komplett wiederholt

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    Fehlende Stimmzettel, lange Schlangen: Wegen zahlreicher Pannen vor einem Jahr muss die Berlin-Wahl komplett wiederholt werden. Schon im Februar könnte es zur Abstimmung kommen.

    Was ist passiert?

    Die Berliner Landtagswahl muss komplett wiederholt werden. Das hat der Berliner Verfassungsgerichtshof entschieden. Grund dafür: Zahlreiche Pannen bei den Wahlen in Berlin am 26. September 2021.
    Neben dem Landtag, der in Berlin Abgeordnetenhaus heißt, wurden an diesem Tag auch der Bundestag und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt. Hinzu kam ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Nebenher lief außerdem der Berlin-Marathon.
    Bei den Abstimmungen gingen Stimmzettel aus, teils wurden sie eilig kopiert oder sie fehlten ganz. Es gab zu wenige Wahlurnen, lange Schlangen mit teils stundenlangen Wartezeiten und oft stimmten Wähler auch noch nach 18 Uhr ab, teils sogar noch Stunden nach der offiziellen Schließungszeit.

    Wie begründen die Richter ihr Urteil?

    Schon in einer mündlichen Verhandlung am 28. September hatte das Gericht sehr deutlich eine komplette Wiederholung in Betracht gezogen. Bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl habe es viele schwere Wahlfehler gegeben, so Gerichtspräsidentin Ludgera Selting. Diese seien mandatsrelevant gewesen - sie hatten nach vorläufiger Wertung des Gerichts also Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Parlaments und die Verteilung der Mandate.

    Wird der Berliner Senat gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen?

    Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), machte nach der Urteilsverkündung deutlich, dass der Berliner Senat nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts nicht vor das Bundesverfassungsgericht ziehen will.

    Wir respektieren dieses Urteil. Der Berliner Senat wird keine Beschwerde dagegen einlegen.

    Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin

    Der Senat werde alles tun, um eine reibungslose Wahl vorzubereiten und um zu zeigen, dass die rot-grün-rote Landesregierung Berlin gut durch die Krise bringe. Giffey wies darauf hin, dass sie zum Zeitpunkt der Wahl im September 2021 noch nicht Regierende Bürgermeisterin war.

    Wann wird neu gewählt?

    Nach dem Urteil muss die Wahlwiederholung innerhalb von 90 Tagen stattfinden. Landeswahlleiter Stephan Bröchler legt den Termin fest und machte schon deutlich, dass es auf den 12. Februar 2023 hinauslaufen dürfte, den letzten Sonntag innerhalb der Frist.

    Und was ist mit der Bundestagswahl?

    Die muss nach einem am 10. November gefassten Beschluss des Bundestages auf Basis einer Empfehlung seines Wahlprüfungsausschusses teilweise wiederholt werden. Konkret geht es um 431 Wahllokale, das ist ungefähr jedes fünfte. Allerdings wird damit gerechnet, dass dies noch nicht das letzte Wort ist und am Ende das Bundesverfassungsgericht entscheidet.

    Beginnt mit einer Wiederholungswahl die Legislaturperiode in Berlin neu?

    Nein, sie endet weiterhin fünf Jahre nach der Wahl vom September 2021, also im Herbst 2026.

    Bleiben Abgeordnete und Senat bis zur Wiederholung im Amt?

    Ja. Der Verfassungsgerichtshof hatte bei der mündlichen Verhandlung dazu erklärt, dass alle bis zum Urteil erlassenen Rechtsakte des Abgeordnetenhauses wirksam bleiben. Das dürfte auch für den Senat gelten.

    Was ändert sich nach der Wahl?

    Zunächst einmal die Mehrheitsverhältnisse im Parlament. Das kann zur Folge haben, dass eine andere Koalition gebildet wird, bei der etwa die bisherige Oppositionspartei CDU ein Wörtchen mitredet. Sollten die bisherigen Koalitionäre SPD, Grüne und Linke zusammen weiter eine Mehrheit haben, könnten sie - wenn sie dies wollten - weitermachen.
    Spannend dürfte dann aber sein, was passiert, wenn die Grünen statt der SPD stärkste Partei werden. Letzten Umfragen zufolge ist das nicht unrealistisch. Dann könnten die Grünen die Regierung anführen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) müsste Platz machen für ihre bisherige Stellvertreterin, Umwelt- und Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne).
    Es gibt auch Rücktrittsforderungen gegen den SPD-Politiker Andreas Geisel. Er war im September 2021 Berliner Innensenator.

    Was wurde getan, um die Wahlen besser zu organisieren?

    Mit dem Verwaltungswissenschaftler Bröchler hat Berlin seit dem 1. Oktober einen neuen Landeswahlleiter. Um einen "reibungsarmen" Ablauf zu sichern, wie er es formulierte, sollen in jedem Wahllokal mehr Kabinen bereitstehen. Statt 34.000 Wahlhelfern sollen mindestens 38.000 im Einsatz sein. Ihre Entschädigung, das "Erfrischungsgeld", wurde von 60 auf bis zu 240 Euro erhöht. Zudem sind bessere Schulungen geplant. Papier und Stimmzettel sollen in höherem Maße als 2021 geordert werden.

    Was kostet das Ganze?

    Für die Berliner Wiederholungswahlen auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene sind 39 Millionen Euro veranschlagt. Das ist die dreifache Summe wie 2021.
    Quelle: dpa

    Die Pannenwahl in Berlin und ihre Folgen