Bei Joe Bidens Besuch in Israel geht es vor allem um ein Thema: ein lange für unmöglich gehaltenes Sicherheitsbündnis arabischer Staaten mit Israel. Ein wichtiges anderes fehlt.
Was US-Präsident Joe Biden bei seinem Israel-Besuch im Auge hat, wird schon bei seiner Ankunft auf dem Flughafen Ben Gurion ins Auge springen.
Sicherheitspolitische Allianz gegen Iran
Die Israelis haben dort eine Leistungsschau ihrer Luftabwehr für den US-Präsidenten aufgebaut: Vom mittlerweile fast legendären "Iron Dome"-System gegen Kurzstreckenraketen bis hin zum futuristischen "Iron Beam"-System, einem Laser, der in zwei Jahren alle Arten von Raketen und Geschossen vom Himmel holen soll. Die USA sollen Geld für Ersatzbeschaffungen geben, selbst vielleicht den neuen "Iron Beam" ordern - und die Beschaffung in den arabischen Nachbarstaaten fördern.
Ja, richtig gehört. Israelische Waffen für die ehemaligen arabischen Todfeinde. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit hat sich das wirtschaftspolitische Bündnis der Abraham-Friedensverträge zwischen Israel und einigen arabischen Ländern in eine sicherheitspolitische Partnerschaft verwandelt. Auch Ägypten, Jordanien und Katar sind dabei.
Möglich geworden ist diese neue Allianz durch den in der Region brachial Hegemonie und nukleare Macht anstrebenden Iran. Der Feind des Feindes stiftet neue Freundschaften. Nun soll ein gemeinsames Bündnis zur Abwehr des Iran entstehen.
Fehlt noch im Bunde: Saudi-Arabien
Nur ein wichtiger Eckstein fehlt noch: Saudi-Arabien, der größte und mächtigste islamische Staat in der Region neben dem Iran. Zwar gibt es unter der Hand enge Kontakte mit Israel. Und erstmals in der Geschichte gestatten die Saudis mit Joe Biden einem Fluggast den Direktflug von Tel Aviv nach Jedda. Doch noch zieren sich die Öl-Prinzen. Der Grund: die ungelöste Palästina-Frage.
Die aber steht nur nominell auf der Agenda von Biden, in Wirklichkeit ein Nicht-Thema. Der Nahost-Friedensprozess ist tot und die USA, die als einzige Macht der Welt den Defibrillator ansetzen könnten, machen seit dem Amtswechsel von Donald Trump zu Biden nicht mal den Versuch eines Versuchs zur Wiederbelebung.
Palästina-Frage: Feigenblatt-Termine müssen reichen
Sicher, es wird Lippenbekenntnisse zur Zwei-Staaten-Lösung geben und die schon erwähnten Feigenblatt-Termine. Neben dem obligatorischen Treffen mit Palästinenser Präsident Mahmoud Abbas ist das eine Stippvisite im Augusta-Viktoria-Klinikum in Ost-Jerusalem, ein zentraler Bestandteil der medizinischen Versorgung der Menschen im Westjordanland.
Rechtsnationale Zionisten laufen schon jetzt Sturm gegen diese simple Solidaritätsbezeugung. Biden hat daher eine weiter gehende Geste offenbar auf Eis gelegt: die Wiedereröffnung des 2019 von Donald Trump geschlossenen US-Konsulats in Ost-Jerusalem.
Die schwache Minderheitsregierung von Israels liberalem Übergangs-Premierminister Jair Lapid soll vor den Neuwahlen am 1. November nicht unnötig geschwächt werden. Lapid hat übrigens gerade mit Abbas telefoniert. Das erste Gespräch eines israelischen Premiers mit Abbas seit fünf Jahren, aber auch nicht mehr als eine Gut-Wetter-Verbeugung vor Biden.
Biden will mehr Öl und Gas von Saudi-Arabien
Der hat - nebenbei gesagt - bei seiner Weiterreise nach Saudi-Arabien weit mehr im Sinn: Nicht weniger als die Befreiung der Weltwirtschaft vom Würgegriff der russischen Energie-Abhängigkeit. Nur wenn Biden Kronprinz Mohammed bin Salman davon überzeugen kann, die saudischen Öl- und Gas-Liefermengen bei moderaten Preisen zu erhöhen, wird das gelingen.
Die Schwierigkeit: Wegen der Ermordung und Zerstückelung des Journalisten Jamal Kashoggi hat Biden den Kronprinzen eigentlich zum "Paria" erklärt. Noch so ein ungelöstes Problem auf der Weltagenda.