Schwule dürfen in Deutschland praktisch kein Blut spenden. Gerade in der Corona-Krise verschärft das den Mangel an Blutspenden. Der Bundestag debattiert heute das Ende des Verbots.
Eigentlich will Simon seinen Kumpel nur moralisch unterstützen. Sein Kumpel, selber heterosexuell, spendet Blut. Simon schaut zu. Doch im Nachhinein erfahren sie: Die Blutspende war umsonst. Der Arzt hält die beiden Freunde für schwul. "Vermutlich homosexuell", notiert er in den Akten. Und vernichtet die Spende.
"Ich war fassungslos", sagt Simon, der in Wirklichkeit anders heißt. "Nur weil sie vermuten, dass da möglicherweise jemand schwul sein könnte, wird eine gesunde Blutspende einfach weggeworfen." Das Ereignis liegt schon etwas zurück. Aber es zeigt: In Deutschland dürfen Homosexuelle praktisch kein Blut spenden. Vor allem Männer, die Sex mit Männern haben, gelten immer noch pauschal als Risikogruppe etwa für HIV.
FDP kritisiert Diskriminierung von Schwulen
"Damit werden homosexuelle Männer diskriminiert", sagt Jens Brandenburg, Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen. Das HIV-Risiko hänge nicht von der sexuellen Orientierung ab, sondern vom individuellen Risikoverhalten. FDP und Grüne beantragen im Bundestag, das Blutspendeverbot für homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen abzuschaffen. Brandenburg begründet das so:
Als Ausschlusskriterium für eine Blutspende sollen künftig etwa das häufige Wechseln von Geschlechtspartnern oder ungeschützter Sex gelten - und zwar für Hetero- und Homosexuelle. Brandenburg kritisiert im Gespräch mit ZDFheute, dass andere Länder wie Brasilien oder Ungarn das Blutspendeverbot gelockert hätten. "Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher", sagt er. Ein Problem, auch wegen der Corona-Pandemie.
Die Angst vor einer Ansteckung hatte in den ersten Tagen der Corona-Krise viele von einer Spende abgehalten. Die Blutabnahme findet jetzt mit geänderten Abläufen statt.
Täglich werden 14.000 Blutspenden gebraucht
"Corona hat das Blutspendewesen sehr deutlich durchgerüttelt", sagt Stephan Küpper vom Blutspendedienst West des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). In manchen Regionen reiche der Vorrat an gekühlten und getesteten Blutspenden nicht einmal mehr für 24 Stunden. Ein Grund dafür: Wegen Corona fallen Gelegenheiten für Spenden weg - etwa in Firmen oder in mobilen Blutspendefahrzeugen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rechnet vor, in Deutschland würden jeden Tag 14.000 Blutspenden gebraucht.
Dass aber homosexuelle Spender künftig vermehrt den Bedarf decken werden, ist unwahrscheinlich. Zwar sind FDP, Linke und Grüne für eine Reform. Doch bei der Bundestagsdebatte verhält sich die SPD überwiegend neutral, Union und AfD sind gegen neue Regeln. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte das unter anderem damit begründet, dass die Versorgung mit Blutkonserven derzeit gewährleistet sei.