Berichten zufolge sollen bis zu 20 weitere konservative Abgeordnete Premierminister Johnson per Brief ihr Misstrauen aussprechen. Es könnte schon heute zum Misstrauensvotum kommen.
Boris Johnson hat direkte Konsequenzen aus dem "Partygate"-Skandal ausgeschlossen. Nach Enthüllungen über Partys im Amtssitz während des Lockdowns droht ihm nun ein Misstrauensvotum.
Wie mehrere britische Medien berichten, planen parteiinternen Gegner des britischen Premierministers Boris Johnson dessen Ablösung. Zahlreiche Abgeordnete seiner Partei würden ihm per Brief das Misstrauen aussprechen, heißt es demnach. Schon am Mittwoch drohe Johnson der "D-Day", der Tag der Entscheidung.
Es sei gut möglich, dass jene 54 Stimmen erreicht werden, die für ein Misstrauensvotum gegen Johnson nötig sind. Ein "Telegraph"-Reporter zitiert einen Parlamentarier mit den Worten:
Mai 2020: Großbritannien steckt im ersten Lockdown. Genau da lud Premier Johnson zu einer Party. Seine Entschuldigung kam heute. Doch die Kritik an ihm ebbt nicht ab.
Misstrauensvotum: Es bräuchte 54 Stimmen
Zu einer Misstrauensabstimmung in der Fraktion würde es kommen, falls sich 15 Prozent der 360 konservativen Abgeordneten gegen Johnson aussprechen - was 54 Stimmen entspricht.
In geheimer Wahl in der Fraktion müsste der Premier dann mindestens 50 Prozent der Mitglieder auf seine Seite bekommen, um die Abstimmung zu überstehen.
Johnson steht massiv unter Druck
Johnson steht seit Wochen erheblich unter Druck wegen Enthüllungen über Partys im Regierungssitz während des Corona-Lockdowns. Sein Ansehen in der Bevölkerung und der Partei gilt bereits als schwer beschädigt.
Die gut vernetzte BBC-Reporterin Laura Kuenssberg zitiert einen gegen Johnson aufbegehrenden Tory:
ITV-Moderator Robert Peston twitterte, mehrere konservative Abgeordnete seien sich einig, dass Johnson gehen müsse. Es sei nur noch nicht klar, ob sie schon jetzt vorpreschen oder bis zur Veröffentlichung eines internen Untersuchungsberichts warten.
Newcomer stemmen sich gegen Johnson
Bisher haben sieben Tory-Parlamentarier dem Premier ihr Misstrauen ausgedrückt, hinter den Kulissen war aber bereits von mindestens 30 Rebellen die Rede. Nach Zählung der "Times" haben 58 Abgeordnete Johnson öffentlich kritisiert.
Für Aufsehen sorgt vor allem, dass es sich bei den neuen Stimmen um Abgeordnete handeln soll, die erst aufgrund von Johnsons fulminantem Wahlsieg 2019 ins Parlament gekommen sind.
Premier Johnson lockert Corona-Regeln
Johnson hatte Vorwürfen seines Ex-Beraters Dominic Cummings widersprochen, er habe in der "Partygate"-Affäre gelogen. Niemand habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass eine Veranstaltung im Mai 2020 im Garten seines Amtssitzes gegen die damals geltenden Corona-Auflagen verstoßen könnte, beteuerte der Premier.
Johnson kämpft seit Wochen um sein Amt. Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, will er am Mittwoch einige Corona-Regeln aufheben, die er erst kurz vor Weihnachten wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante wieder eingeführt hatte.
Der Schatzmeister als Nachfolger?
Die Tory-Rebellen scheinen sich jedoch nicht mehr von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen. Retten könnte den Premier höchstens noch, dass es keinen klaren Herausforderer gibt, hinter dem sich seine Gegner sammeln könnten.
Als mögliche Nachfolger gelten Außenministerin Liz Truss, die Johnson öffentlich ihre volle Unterstützung zugesichert hatte, sowie Finanzminister Rishi Sunak. Der Schatzmeister vermied bislang ein Bekenntnis zum Premier und hat sich zuletzt rar gemacht.
- Johnsons Politikerkarriere am seidenen Faden
Der britische Premier Johnson kämpft nach der Entschuldigung für eine Gartenparty im Corona-Lockdown ums politische Überleben. Wie es ausgeht, hängt nicht nur von seiner Partei ab.