Wegen Handy-Pornos und einem sexuellen Übergriff hat es in Großbritannien zwei Nachwahlen gegeben. Johnsons Konservative kassierten Niederlagen, Parteichef Dowden trat zurück.
Die Konservativen des britischen Premierministers Boris Johnson haben bei zwei Nachwahlen schwere Niederlagen erlitten: Die Tories unterlagen am Donnerstag sowohl im Wahlkreis Tiverton and Honiton im Südwesten Englands als auch im Wahlkreis Wakefield in Nordengland bei Nachwahlen für je einen Sitz im britischen Unterhaus.
Tories verlieren Parlamentssitz nach hundert Jahren
Besonders schmerzhaft ist die Niederlage in Tiverton and Honiton: Die Konservativen hatten den Parlamentssitz für den Wahlkreis seit mehr als hundert Jahren inne. Sie verloren ihn nun laut offiziellen Ergebnissen vom frühen Freitagmorgen an die Liberaldemokraten, die 6.000 Stimmen Vorsprung hatten.
"Die Menschen von Tiverton und Honiton haben für Großbritannien gesprochen", erklärte der siegreiche liberaldemokratische Kandidat Richard Foort.
Im nahe Leeds gelegenen Wakefield setzte sich die Labour-Partei durch, die wichtigste Oppositionspartei des Landes. Sie hatte einen Vorsprung von knapp 5.000 Wählerstimmen.
Die Buhrufe beim Thronjubiläum hallen noch nach, das Partygate ist nicht vergessen. Die Fraktion hat bereits gesprochen, jetzt fällen Wähler*innen ihr Urteil über Boris Johnson.
Parteichef Dowden tritt zurück
Als Reaktion auf die Niederlagen trat Parteichef Oliver Dowden am Freitag zurück. "Wir können nicht so weitermachen wie bisher", sagte er. Die Anhänger der Partei seien verzweifelt und enttäuscht über die Serie schlechter Ereignisse, "und ich teile ihre Gefühle", erklärte Dowden in seinem Rücktrittsschreiben an Johnson.
Die Kommunalwahlen hatten als Stimmungstest für Johnson gegolten, der wegen der Affäre um Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns stark unter Druck steht. Johnson selbst zeigte sich kämpferisch.
Er werde auf die Wähler "hören", versicherte Johnson am Freitag in britischen Sendern während eines Besuchs in Ruanda. Er fügte aber hinzu:
Labour-Chef Keir Starmer deutete den Ausgang der Nachwahl in Wakefiled nun als Zeichen dafür, dass seine Partei auch die nächsten landesweiten Wahlen 2024 gewinnen könne. "Wakefield hat gezeigt, dass das Land das Vertrauen in die Tories verloren hat", erklärte Starmer. "Das Ergebnis ist ein klares Urteil über eine konservative Partei, der die Energie und die Ideen ausgegangen sind."
Handy-Pornos und sexueller Übergriff
Die Nachwahl in Tiverton and Honiton war nötig geworden, weil der konservative Abgeordnete Neil Parish sich im April nach Beschwerden darüber zurückgezogen hatte, dass er im Parlament auf seinem Mobiltelefon Pornos geschaut hatte.
Die Nachwahl in Wakefield wurde angesetzt, nachdem sich der Abgeordnete Imran Ahmad Khan nach seiner Verurteilung wegen eines sexuellen Übergriffs auf einen 15-jährigen Jungen zurückgezogen hatte.
Die Tories hatten bereits im Dezember eine Nachwahl in dem als Konservativen-Hochburg geltenden Wahlkreis North Shropshire verloren.
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