Porträt von Botschafter Melnyk: Der Un-Diplomat geht

    Porträt von Botschafter Melnyk:Der Un-Diplomat geht

    Theo Koll
    von Theo Koll
    09.07.2022 | 23:19
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    Unerbittlich bat der ukrainische Botschafter Melnyk Deutschland um Waffen. Bezeichnete Scholz aber auch als "beleidigte Leberwurst". Nun wurde er abberufen.

    Der ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk
    Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk fiel in Deutschland auch mit Beleidigungen auf.
    Quelle: dpa/Fabian Sommer

    Ein ausländischer Botschafter wird entlassen – und die Nachricht produziert Eilmeldungen und viele Schlagzeilen. Dazu muss man Andrij Melnyk sein – der undiplomatischste Diplomat weit und breit.
    Leise im Hintergrund zu arbeiten – das war seine Sache nicht. Ganz im Gegenteil: Melnyk war laut und schrill, immer wieder beleidigte und verletzte er auch hohe und höchste politische Vertreter seines Gastlandes. Den Kanzler nannte er eine "beleidigte Leberwurst", den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses ein "Arschloch" und selbst ein Schokoladenhersteller, der weiter in Russland verkaufte, blieb nicht verschont, ihm empfahl er den Slogan "quadratisch, praktisch, Blut".

    Mit wenig Diplomatie viel erreicht

    Und dennoch hat Melnyk mit dieser Art viel erreicht. Die öffentliche und massive Kritik des Vertreters einer überfallenen Nation trieb Stacheln in das sich nur langsam bewegende politische Fleisch der Bundesregierung. Am 27. Februar, am Tag der Zeitenwende-Rede, erhob sich der Bundestag für Melnyk – der auf der Zuschauertribüne saß - für eine stehende Ovation.
    Sie war zugleich ein Zeichen der Solidarität für die Ukraine, aber auch des schlechten Gewissens. Die stehenden Ovationen aber galten immer weniger der Person des Andrij Melnyk. Der Undiplomatische nervte zunehmend die Berliner Politik. Er erbat nicht, er forderte.

    Schaden durch Melnyk nun wohl größer als Nutzen

    Und zuletzt verstieg er sich dazu, einen führenden radikalen und antisemitischen Nationalisten aus dem Zweiten Weltkrieg, Stepan Bandera, zu verharmlosen. Das führte zu scharfen Reaktionen aus Polen und Israel – und war Wasser auf die Mühlen der russischen Propaganda – die ja behauptet, man kämpfe in der Ukraine gegen Nazis. Das ukrainische Außenministerium distanzierte sich von Melnyks Haltung.
    Die jetzige Abberufung durch den Präsidenten nannte zwar keine Gründe, aber eine politische Güterabwägung dürfte dabei nicht ganz unwahrscheinlich gewesen sein: dass der angerichtete Schaden durch den Streitbaren jetzt größer ist, als der Nutzen.

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