Der britische Premierminister Boris Johnson fordert von der EU bis 15. Oktober ein Brexit-Handelsabkommen. Er könne sich sonst auch einen harten wirtschaftlichen Bruch vorstellen.
Der britische Premierminister Johnson droht erneut mit einem No-Deal-Brexit. ZDF-Korrespondent Andreas Stamm mit einer Einschätzung der Lage aus London.
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson erwartet innerhalb von 38 Tagen eine Einigung bei den Verhandlungen um ein Handelsabkommen zwischen der EU und seinem Land. Sollte bis Mitte Oktober noch immer keine Lösung gefunden sein, droht Johnson mit einem "No-Deal-Brexit" - einem harten wirtschaftlichen Bruch.
Johnson erhöht den Druck auf die EU
Laut vorab veröffentlichten Auszügen aus einer Rede, die der britische Premierminister am Montag halten will, setzt Johnson die Europäische Union (EU) unter Druck. Bis zum 15. Oktober soll eine Einigung zu einem Handelsabkommen auf dem Tisch liegen, oder:
Die EU hatte ihrerseits bereits zuvor deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht die Verhandlungen bis Mitte Oktober zum Abschluss kommen müssen. Die Vereinbarungen müssten danach noch übersetzt und vom EU-Parlament ratifiziert werden.
EU-Chefunterhändler Michel Barnier hat derweil Großbritannien aufgerufen, die mit dem Brexit eingegangenen Zusagen einzuhalten. "Alles, was unterschrieben wurde, muss respektiert werden", sagte Barnier am Montag dem Radiosender France Inter in Paris. Bereits nach der letzten Runde im August hatte Barnier vor einem Scheitern gewarnt. Großbritannien warf seinerseits der EU vor, die Gespräche "unnötig" zu erschweren.
Kurz vor der nächsten Brexit-Gesprächsrunde hat der britische Premier Boris Johnson von der EU mehr Tempo und Entgegenkommen gefordert.
Handelshemmnisse und Zölle drohen
Großbritannien hat die EU am 31. Januar verlassen. Bis Jahresende gilt eine Übergangsphase, in der das Land noch Teil des EU-Binnenmarkts und der Zollunion ist. Sollten London und Brüssel kein Abkommen über künftige Beziehungen hinbekommen, droht Anfang 2021 ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und anderen Handelshemmnissen. Experten warnen in einem solchen Fall vor potenziell schweren wirtschaftlichen Folgen für beide Seiten.
Sein Land könnte sich binnen Wochen vom Verhandlungstisch zurückziehen, sagte Johnson am Sonntag. Ein sogenannter No-Deal-Brexit wäre sogar ein "guter Ausgang für das Vereinigte Königreich". Eine Einigung sei nur möglich, wenn die EU-Unterhändler ihre "aktuellen Positionen überdenken" würden.
Frost: "Großbritannien hat nichts zu befürchten"
Noch schärfer im Ton war der britische Chef-Unterhändler David Frost: Er sei sich völlig einig mit Johnson, dass Großbritannien von einem No-Deal-Brexit nichts zu befürchten habe, sagte er der "Mail on Sunday". "Ich glaube nicht, dass uns das in irgendeiner Weise Angst einjagt", sagte Frost im Interview.
Die achte Verhandlungsrunde zwischen dem britischen Unterhändler David Frost und dessen EU-Kollegen Michel Barnier soll am Dienstag in London beginnen. Knackpunkte sind unter anderem das Beharren Großbritanniens auf vollständige Autonomie bei Staatshilfen sowie die Forderungen im Bereich der Fischerei.
Was der EU konkret fehlen wird - außer jede Menge Teetassen!
Vorbild könnte Abkommen EU-Australien sein
Im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen setzt London dann auf Handelsbeziehungen zur EU nach dem Muster etwa von jenen zwischen der Europäischen Union und Australien. Dies wäre ein "gutes Ergebnis" für Großbritannien, erklärte Johnson. Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Australien folgen den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).
Laut einem Bericht der Zeitung "Financial Times" unter Berufung auf drei mit den Plänen vertraute Personen will die britische Regierung am Mittwoch Gesetze verabschieden, die Teile des Brexit-Abkommens über Staatshilfen und Grenzregelungen mit Irland außer Kraft setzen und einen Abbruch der seit Monaten ins Stocken geratenen Gespräche mit Brüssel bedeuten könnten.