London bleibt seinem Kurs treu: Keine Verlängerung der Brexit-Verhandlungen. Doch welche Strategie steckt hinter dem harten Kurs? Die Briten scheinen es durchziehen zu wollen.
Die Haltung der Regierung in London bei den Verhandlungen mit der EU über die zukünftigen Beziehungen wirkt ebenso starr wie verwunderlich. Erst vergangene Woche bestätigte der britische Chef-Unterhändler David Frost einmal mehr vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss:
Bis Ende dieses Monats haben die beiden Parteien theoretisch noch die Gelegenheit, einen Aufschub zu vereinbaren.
Welche Strategie fährt London?
Während EU-Chefunterhändler Michel Barnier angesichts der Corona-Krise die Möglichkeit einer Verlängerung der Übergangsphase von ein oder zwei Jahren in den Raum stellt, bleiben die Briten jedoch bei ihrem klaren "Thank you very much".
Was steckt dahinter? Ist dies die alte Verhandlungsstrategie, mit Entschlossenheit und Maximalforderungen ins Rennen zu gehen, um dann am Ende das Bestmögliche rauszuholen? Oder hält man in London an der bekannten Maxime fest, dass bei der EU Kompromisse immer in allerletzter Minute gefunden werden? Das mag für Auseinandersetzungen innerhalb des Staatenbundes zutreffend sein. Ob dies aber auch für Handelsverträge mit einem Außenstehenden, wie Großbritannien es ja mittlerweile ist, gilt, sei einmal dahingestellt.
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Der Brexit und die Kraft der Zerstörung
Die Brexit-Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zur EU wurden in ihrer dritten Woche vom Top-Thema zur Randnotiz. Obwohl man unvermeidlich auf die nächste Klippe zurast.
Brexit-Architekt Cummings bleibt im Rennen
Oder sind in der Downing Street inzwischen nur noch hartgesottene Brexit-Ideologen am Werk, die den Austritt notfalls auch ohne Handelsabkommen durchziehen wollen? Koste es, was es wolle. Der Verlauf der Affäre um Boris Johnsons engsten Berater Dominic Cummings könnte darauf hindeuten.
Obwohl dieser für die allermeisten klar ersichtlich gegen geltende Ausgangsbeschränkungen verstoßen und damit im ganzen Land für Entrüstung gesorgt hatte, hielt der Premierminister an diesem wichtigen Architekten der Referendums- und Brexit-Kampagne fest. Das Projekt soll wohl jetzt definitiv zum Ende geführt werden.
Corona als Brexit-Sündenbock?
Tim Bale vom Thinktank "Britain in a Changing Europe" hat seine eigene Theorie:
Nach dem Motto, wenn erst mal das Ende des Jahres gekommen ist, werden die Briten gar nicht merken, ob es ihnen wegen Corona oder dem Brexit so schlecht geht.
Die nächste Brexit-Deadline nähert sich mit großen Schritten. Und Großbritannien segelt mal wieder ziemlich hart am Wind.