Bei der Parlamentswahl in Bulgarien zeichnet sich ein knapper Sieg der neuen Anti-Korruptions-Partei PP ab. Bei der Präsidentenwahl hat Staatsoberhaupt Radew die Nase klar vorn.
Bei der Parlamentswahl in Bulgarien zeichnet sich der Sieg einer erst vor zwei Monaten gegründeten Reformpartei ab, die sich der Korruptionsbekämpfung in dem ärmsten EU-Mitgliedsland verschrieben hat. Nach Auszählung von mehr als 60 Prozent der Stimmen kommt die in der politischen Mitte angesiedelte Partei mit dem Namen "Wir setzen den Wandel fort" (PP) auf 25,4 Prozent, wie Daten der Wahlkommission am Montag zeigten.
Die konservative GERB-Partei des langjährigen Ministerpräsidenten Bojko Borissow landete demnach auf Platz zwei mit 22,2 Prozent. Es war bereits die dritte Parlamentswahl in diesem Jahr, da eine Regierungsbildung nach den Abstimmungen im April und Juli jeweils scheiterte.
Suche nach Koalition könnte schwierig werden
Auch diesmal dürfte die Suche nach einer funktionierenden Koalition schwierig werden. Experten räumen der PP aber bessere Chancen als den vorangegangenen Wahlsiegern ein. Spekuliert wurde etwa über ein Bündnis mit den Sozialisten (10,3 Prozent), der Anti-Korruptionsallianz Demokratisches Bulgarien (sechs Prozent) und der ebenfalls reformorientierten ITN-Partei.
Letztere erhielt bei der Wahl am Sonntag Teilergebnissen zufolge knapp zehn Prozent der Stimmen, nachdem sie im Juli mit 24 Prozent noch stärkste Kraft wurde. Ihr Chef, der TV-Moderator Slawi Trifonow, konnte damals jedoch keine Regierung schmieden. Insgesamt werden voraussichtlich sieben Parteien ins neue Parlament einziehen, unter ihnen dürfte die nationalistische und Corona-leugnende Partei Wasraschdane ("Wiedergeburt") sein.
Dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres
Die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres wurde notwendig, weil auch die erst im Juli gewählte Volksversammlung keine regierungsfähige Mehrheit zustande bringen konnte. Der Mitvorsitzende der Anti-Korruptions-Partei PP, Kiril Petkow, sagte in der Wahlnacht:
Der Absolvent der US-Eliteuniversität Harvard stellte eine Koalitionsregierung um die neue Partei in Aussicht. Bereits am Montag sollten Koalitionsgespräche mit Vertretern anderer Parteien beginnen.
Eine Zusammenarbeit mit Borissows GERB und der Türkenpartei DPS schloss Petkow aus. Als Hauptziele nannte er die Bekämpfung der Korruption und eine Justizreform. Petkow war von Mai bis September Wirtschaftsminister in einem Übergangskabinett.
Präsidenten-Wahl: Radew liegt mit 49 Prozent vorn
Die grassierende Korruption ist einer der zentralen Gründe für die Wut und Enttäuschung vieler Wähler. Borissow musste nach Massenprotesten seinen Hut nehmen. Doch auch steigende Energiepreise und mangelnde Erfolge bei der Eindämmung der Corona-Pandemie haben zum Wählerfrust beigetragen. Die Wahlbeteiligung wurde auf lediglich 40 Prozent geschätzt, einem Rekordtief.
Neben dem Parlament wurde auch der Präsident gewählt, der in Bulgarien eine überwiegend repräsentative Rolle hat. Amtsinhaber Rumen Radew, ein scharfer Borissow-Kritiker, kam auf 49,2 Prozent. Für den 21. November ist eine Stichwahl gegen den Zweitplatzierten angesetzt. Radew gilt als Favorit.