Öffentlicher Dienst: Tarifverhandlungen ergebnislos vertagt

    Öffentlicher Dienst:Tarifverhandlungen ergebnislos vertagt

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    Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen sind ohne Ergebnis vertagt worden. Erste Protestaktionen könnten nun kommen.

    Gewerkschaften und Arbeitgeber haben ihre Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ergebnislos vertagt. Die Bürgerinnen und Bürger müssen in den kommenden Wochen mit einzelnen Protestaktionen von Beschäftigten rechnen, wie Verdi-Chef Frank Werneke am Dienstag nach dreistündigen Beratungen in Potsdam mitteilte.

    Beamtenbund startet "Begleitmusik"

    Man werde nun "Begleitmusik" starten, sagte Ulrich Silberbach, Chef des Beamtenbundes dbb. Verdi und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten. Die Laufzeit solle 12 Monate betragen.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von "einem guten und konstruktiven Auftakt". Richtig sei, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr belastet seien durch die Corona-Krise und die Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine. Zugleich sei die Haushaltslage vor allem der Kommunen aber sehr angespannt. Gemeinsam werde nun daran gearbeitet, "eine tragfähige Lösung" zu finden.

    Arbeitgeber bleiben optimistisch

    Auch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) zeigte sich trotz der Unterschiede optimistisch. VKA-Präsidentin Karin Welge erwartet nach eigenen Worten, "dass am Ende des Tages ein guter Kompromiss stehen wird".

    Ich setze darauf, dass die Arbeitgeber die Zeichen der Zeit erkannt haben und ein gutes Angebot machen.

    VKA-Präsidentin Karin Welge

    Streit um Inflation und Mindestbetrag: Wegen der aktuell "harten sozialen Schieflage" für Menschen mit geringem Einkommen ist der Mindestbetrag für Werneke die "wichtigste Forderung". VKA-Präsidentin Karin Weigel wandte sich dagegen strikt gegen "eine überproportionale Stärkung der unteren Berufsgruppen". Es sei bereits heute sehr schwer, Leistungsträger zu finden. "Wir plädieren für eine lange Laufzeit, und wir plädieren für Augenmaß und Besonnenheit."

    Inflation ist Knackpunkt

    Knackpunkt am ersten Verhandlungstag war das Thema Inflation. "Da sind wir dann auch deutlich auseinander, weil die Arbeitgeber die Notwendigkeit, die gestiegenen Preise auszugleichen nicht anerkennen", sagte Werneke. Hier gebe es einen "absoluten Dissens".
    Auf dem Bild sind Büroutensilien und arbeitende Personen zu erkennen.
    Viele Krisen fordern den öffentlichen Sektor. Trotz Beschäftigungsrekord fehlt es noch immer an Arbeitskräften. Wie der öffentliche Dienst gestärkt werden kann, ist ein zentrales Thema bei der dbb Jahrestagung in Köln.09.01.2023 | 1:45 min
    Werneke verwies darauf, dass die Preise seit dem jüngsten Tarifabschluss von 2020 um 11 Prozent gestiegen seien, die Einkommen aber nur zwischen 3 und 4 Prozent. "Allein das müssen wir aufholen in dieser Tarifrunde, und die Preise steigen weiter." VKA-Verhandlungsführerin Welge wies die Darstellung von Reallohnverlusten als "Mär" zurück. "In den letzten zehn Jahren bilden sich immer noch Reallohngewinne ab für die Beschäftigten."

    Arbeitskampfmaßnahmen angekündigt

    Mit einem Anstieg um 7,9 Prozent hatte die Bevölkerung in Deutschland im vergangenen Jahr den stärksten Preisschock seit Gründung der Bundesrepublik erlebt. Zum Ende dieses Jahres hofft Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun auf eine Teuerungsrate unter 5 Prozent.

    Tarife im Öffentlichen Dienst
    :Wie ein Abschluss ohne Tamtam gelingen könnte

    Bei der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst droht ein Eiertanz. Eine Seite fordert scheinbar zu viel, die andere will nicht nachgeben. Dabei wäre ein Abschluss ohne Tamtam möglich.
    von Frank Bethmann
    Beschäftigter der Strassenreinigung in Berlin
    Kommentar
    In welchem Umfang größere Arbeitskampfmaßnahmen notwendig würden, hänge vom Verlauf des zweiten Verhandlungstermins am 22. und 23. Februar ab, so Werneke. Die Verhandlungen betreffen unter anderem Erzieherinnen, Krankenschwestern, Busfahrer, Altenpflegerinnen, Feuerwehrleute, Müllwerker und etliche andere Berufe. Entsprechend stark könnten sich Ausstände auswirken.

    Arbeitgeber verweisen auf hohe Kosten

    Welge, die auch Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen ist, zeigte sich unbeeindruckt: "Das ist das Ritual der Gewerkschaften, die natürlich ihre Mobilisierung immer auf der Straße machen." Bei der bisher letzten Tarifrunde für Bund und Kommunen waren 2020 unter anderem Kliniken, Kitas, Nahverkehr oder Sparkassen von Ausständen und Protestaktionen betroffen.
    Laut VKA würden die Kosten für das geforderte Lohnplus bei den kommunalen Arbeitgebern mit rund 15,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Beim Bund wären laut Innenministerium Mehrkosten von rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr die Folge.
    Quelle: dpa

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