Sticheleien gab es schon öfter. Jetzt hat AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch der Transfrau Tessa Ganserer das Frausein abgesprochen. Sie sei ein Mann. Die Abgeordneten sind empört.
Ausgerechnet in der Debatte zum Internationalen Frauentag. Ausgerechnet bei diesem Thema, bei dem es in der Regel um die weltweite Solidarität unter Frauen geht. Ausgerechnet da eskaliert die Diskussion im Deutschen Bundestag.
Beispiel für Diskriminierung am Rednerpult
Es hatte noch recht gewöhnlich begonnen. Weil der 8. März, der Internationale Frauentag, in eine sitzungsfreie Woche fällt, war die Debatte auf diesen Donnerstag vorgezogen worden. In den Reden ging es um gleiche Gehälter und Löhne, den geringeren Anteil von Frauen in Führungspositionen, Altersarmut, Gewalt gegen Frauen. Und was in diesem Land getan werden muss, um all diese Missstände zu beheben.
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, kritisiert im ZDF das Transsexuellengesetz. Es sei diskriminierend und verletze die Menschenrechte.
Ein praktisches Beispiel für Diskriminierung lieferte dann die AfD im Bundestag. Dass deren Abgeordnete Beatrix von Storch gegen "Gender-Ideologie" ist, wie sie es nennt, dürfte für die wenigsten wirklich neu gewesen sein. Auch dass sie die eigene Wahl des Geschlechts als "Quatsch" bezeichnet.
Dass sie aber so offen und vom Rednerpult aus auf die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer losgeht, war neu.
Ganserer ist eine von zwei Transfrauen im Bundestag. Sie ist seit der vorigen Bundestagswahl Abgeordnete der Grünen und saß vorher im Bayerischen Landtag.
Storch: "Der Kollege Ganserer"
Wenn "der Kollege Markus Ganserer", so von Storch, "Rock, Lippenstift und Hackenschuhe" trägt, dann sei das in Ordnung. "Es ist aber seine Privatsache." Er sei biologisch und juristisch ein Mann. Wenn er über die Frauenquote der Grünen in den Bundestag gekommen sei, dann sei das "schlicht rechtswidrig".
Ganserers Beispiel zeige, dass es ein Unterscheid sei, "ob man sich als Frau verkleidet oder eine Frau ist".
Für diese Rede bekam die AfD-Abgeordnete Buh-Rufe. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt bat sie "um Respekt vor der Kollegin Tessa Ganserer".
Haßelmann: Niederträchtig, abscheulich
Deutlicher wurde Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Was von Storch gesagt habe, sei "niederträchtig, bodenlos, es ist homophob und zutiefst menschenverachtend." Es erschüttere sie zutiefst, dass jemand über eine Kollegin im Bundestag, "so abscheulich“ spricht, sagte Haßelmann.
Sie sei eine von 59 Prozent Frauen in der Grünen-Fraktion. "Und niemand von uns hat darüber zu richten oder darüber zu reden oder zu entscheiden, wie diese Frau ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnimmt."
Haßelmann bedankte sich über Applaus auch von anderen Parteien. "Wir sollten zusammenstehen als demokratische Kräfte." Dafür bekam sie noch einmal langen Applaus, bis auf die AfD erhoben sich die Abgeordneten von den Plätzen.
- Wie Frauen per Ansprache kleingeredet werden
Vor 50 Jahren wurde "Fräulein" aus der Amtssprache verbannt. Heute sehen sich Frauen in Sozialen Medien immer noch ähnlichen Ansprachen gegenüber, berichtet Katharina Nocun.
Von Storch beeindruckte das wenig. In einer Kurzintervention legte sie noch einmal nach: "Es kann die Gesellschaft nicht gezwungen werden, wer juristisch ein Mann ist, wer biologisch ein Mann ist, als Frau annehmen zu müssen und die Quoten für ihn zu öffnen."
Bär: Reden der AfD "unterirdisch"
Ganserer selbst saß derweil in den hinteren Reihen. Solidarität bekam sie auch noch von anderen Rednerinnen. Als "unterirdisch" bezeichnete Dorothee Bär (CSU) die Reden aus der AfD. Der Internationale Weltfrauentag sei 111 Jahre alt. Wenn man sich Reden der AfD-Abgeordneten anhöre, "dann hat man das Gefühl, man ist wieder im Jahr 1911 gelandet." Obwohl die Frauen damals vermutlich aufgeklärter gewesen seien.
Gyde Jensen (FDP) sagte:
Solidarität gab es auch auf Twitter. So von Bundesgesundheitminister Karl Lauterbach (SPD):
Oder von Johannes Vogel, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP: