Finanzminister Lindner hat seinen ersten Haushaltsentwurf ins Parlament eingebracht - und harsche Kritik der Opposition geerntet. Der Etat wird ergänzt, darum ringt die Ampel noch.
Hundert Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr - außerhalb der Schuldenbremse, finanziert auf Kredit, abgesichert im Grundgesetz. Dazu stellt die Union Bedingungen, die AfD spricht von Etikettenschwindel und die Linkspartei von Wettrüsten.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat den Haushalt für 2022 gegen Kritik verteidigt. Er sei ein erster Beitrag zur Konsolidierung der Staatsfinanzen nach der Coronavirus-Krise, trotz veränderter Rahmenbedingungen durch den Krieg in der Ukraine.
Ziel der Bundesregierung sei es, die Finanzen wieder zu normalisieren und Puffer aufzubauen, sagte der FDP-Vorsitzende am Dienstag zu Beginn der Haushaltswoche im Bundestag. Ab 2023 sowie in den Jahren bis 2026 solle die Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Das sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.
Lindner: Entwurf wird ergänzt - Entlastungen geplant
Lindners Haushaltsentwurf sieht Ausgaben von 457,6 Milliarden Euro und neue Schulden von 99,7 Milliarden Euro vor. Dabei wird es allerdings nicht bleiben. Der Finanzminister kündigte an, dass er schon bald einen Ergänzungshaushalt vorlegen werde. Dieser werde nur Ausgaben umfassen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg stünden, sagte er im Bundestag.
Also etwa humanitäre Hilfe in der Ukraine und ihren Nachbarländern, die viele Flüchtlinge aufnehmen. Und das Entlastungspaket für die Bürger, um das SPD, Grüne und FDP seit Tagen ringen. Unterschiedliche Vorschläge liegen auf dem Tisch, von einem Zuschuss beim Tanken über ein generelleres Mobilitätsgeld bis hin zu höheren Einmalzahlungen für Bedürftige.
Wegen der steigenden Lebensmittelpreise halte er es zum Beispiel für richtig, die Situation der Grundsicherungsempfänger noch einmal zu betrachten. Zugleich hält Lindner an einer Entlastung für Autofahrer fest.
Lindner: Bundeswehr durch Sondervermögen stärken
Außerhalb des Bundeshaushalts soll im laufenden Jahr das Sondervermögen Bundeswehr von 100 Milliarden Euro eingerichtet werden, finanziert über Kredite. Hier gehe es darum, die "viele Jahre vernachlässigte Bundeswehr wieder zu stärken", sagte Lindner.
Er verteidigte die gewählte Konstruktion eines im Grundgesetz verankerten Sondervermögens. Die Alternativen - nämlich Steuererhöhungen oder ein "dauerhaftes Aufweichen der Schuldenbremse" - wären "demgegenüber nachteilig gewesen".
- "Keine Aufrüstung zu Lasten des Sozialstaats"
Hunderte Menschen aus Politik, Wissenschaft und Kunst haben einen Appell unterzeichnet, der gegen die Aufrüstung der Bundeswehr für 100 Milliarden Euro ist. Auch die Grüne Jugend.
Kritik aus der Opposition: "Haushaltsrätsel"
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat Lindner vorgeworfen, einen Haushaltsentwurf mit großen Lücken für dieses Jahr vorgelegt zu haben.
Keine Lösung habe die Ampel-Koalition offenbar zur Abmilderung der explodierenden Energiepreise. Dobrindt forderte die Regierung auf, die Mehrwertsteuer für Benzin und die Mineralölsteuer zu senken. Der Staat verdiene über diese Steuern an den hohen Energiepreisen mit. "Ich rate Ihnen: Geben Sie den Menschen ihr Geld zurück", sagte Dobrindt.
"Mit jedem erdenklichen Trick versucht die Bundesregierung, die Schuldenbremse zu umgehen", sagte der CDU-Haushaltsexperte Christian Haase. Die Koalition dürfe "nicht immer versuchen, die Schuldenbremse mit immer neuen Sondervermögen zu umgehen".
Der AfD-Haushaltsexperte Kay Gottschalk warf Lindner eine "Anhäufung von Staatsschulden" vor, "die aus unserer Sicht verfassungswidrig ist". Gottschalk beschuldigte den Minister, sich von seinen früheren ordnungspolitischen Vorstellungen verabschiedet zu haben.
Auch der Linken-Haushälter Christian Görke warf Lindner unseriöse Methoden vor. "Der erste Ampelhaushalt ist an Tricksereien kaum zu überbieten", bemängelte er. Die Koalition wolle 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr "an der Schuldenbremse vorbeischleusen", sagte er - und forderte, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ganz aufzugeben.