SPD, Grüne und FDP haben sich heute wieder zu Sondierungen getroffen. In einigen Punkten sind sich alle sehr nah, andere dürften hart verhandelt werden. Das sind die Knackpunkte.
SPD, Grüne und FDP loten gemeinsam aus, ob ein sogenanntes Ampel-Bündnis möglich sein könnte. Sollten sich die Parteien für Koalitionsgespräche entscheiden, dürfte es in einigen Bereichen zu harten Verhandlungen kommen, anderswo sind die Hürden weniger hoch.
Die "Menge an Gemeinsamkeiten" sei größer geworden, so Grünen-Generalsekretär Michael Keller nach den heutigen Gesprächen. Trotzdem gebe es noch Hürden, die gemeinsam gemeistert werden wollen. Das sind die zehn Knackpunkte für die Ampel:
Steuern
Ein großer Knackpunkt, denn hier prallen politische Grundüberzeugungen aufeinander: SPD und Grüne wollen hohe Einkommen und Vermögen stärker belasten, nach dem Prinzip "stärkere Schultern tragen mehr", damit Geld für diejenigen da ist, die wenig haben. Grünen-Co-Chef Robert Habeck sagte in der ZDF-Sendung Berlin direkt: Die Finanzthemen seien ein "riesiges Problem" für die Ampel.
Die FDP lehnt Steuererhöhungen ab und will den Spitzensteuersatz erst ab einem höheren Betrag greifen lassen. Es dürfe keine Steuererhöhungen geben, bekräftigte FDP-Generalsekretär Volker Wissing die rote Linie der Liberalen. "Wir werden an dieser Stelle nicht nachgeben", sagte er. "Wir haben das vor der Wahl gesagt und wir sagen auch jetzt, dass wir dabei bleiben." SPD und Grüne treten für eine Vermögensteuer ein, die FDP lehnt das ab.
„Der kleinste gemeinsame Nenner entspricht nicht den Erwartungen gerade der jungen Menschen“, so Volker Wissing, FDP-Generalsekretär, zur Regierungsbildung.
Schuldenbremse
Die Grünen wollen die Schuldenbremse durch eine "Investitionsregel" ergänzen, die eine Erneuerung der Infrastruktur ermöglichen soll. Die FDP lehnt jegliche Aufweichung der im Grundgesetz festgeschriebenen Regel ab. Die SPD hält eine längerfristige Abkehr von der Regel, die derzeit wegen der Corona-Krise vorübergehend ausgesetzt ist, nicht für möglich. Es wird spekuliert, dass über ein Fonds-Modell Gelder für Investitionen frei geschlagen werden könnten.
Klimaschutz
Die SPD bekennt sich zur Senkung der CO2-Emissionen um 65 Prozent bis 2030. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich im Wahlkampf zum beschlossenen Kohleausstieg 2038 bekannt.
Die Grünen wollen den Kohleausstieg bis spätestens 2030. Ab dann sollen auch nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Ziel der Partei ist eine Verringerung der CO2-Emissionen um 70 Prozent bis 2030. Der CO2-Preis soll bis 2023 auf 60 Euro steigen. Zum Ausgleich sollen alle ein Energiegeld erhalten.
Habeck bezeichnete den Klimaschutz als "rote Linie" für die Regierungsbildung. "Wenn diese Regierung es nicht schafft, Deutschland auf den Klimaschutzpfad von Paris zu bringen, dann hat sie ihre geschichtliche Aufgabe verfehlt und deswegen können wir dann auch nicht mitmachen dabei", sagte er im ZDF-Morgenmagazin.
„Es gibt nur eine rote Linie - wenn Deutschland das Klimaziel nicht schafft, dann haben wir eine geschichtliche Aufgabe verfehlt“, so Robert Habeck, Parteivorsitzender B'90/Grüne.
Die FDP will ein "striktes CO2-Limit" für Deutschland festlegen - dafür soll der EU-Emissionshandel auf alle Sektoren ausgeweitet werden. Vor allem technologische Innovationen sollen den Klimaschutz voranbringen - auch das sogenannte Geo-Engineering, also direkte Eingriffe ins Klimasystem der Erde.
SPD und Grüne treten für ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern ein, die FDP ist dagegen. An diesem Punkt dürften aber die Verhandlungen kaum scheitern.
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Mindestlohn
SPD und Grüne treten für eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro ein, die FDP teilt diese Forderung nicht. Hier scheint allerdings eine Einigung möglich.
Arbeitslosengeld
SPD und Grüne treten für eine Abkehr vom bisherigen Hartz-IV-System ein, die FDP verfolgt mit dem "liberalen Bürgergeld" einen anderen Ansatz. Darin sollen bisherige Leistungen zu einer zusammengefasst werden.
Wer verhandelt eigentlich über die Ampel? Ein Überblick:
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Gesundheit und Pflege
SPD und Grüne wollen eine Bürgerversicherung einführen, in die alle einzahlen - also auch Beamte und Selbstständige. Ein solches Modell vertritt die FDP nicht. Hier besteht allerdings kein akuter Handlungsbedarf.
Rente
Bei der Rente wollen SPD und Grüne das gesetzliche System stärken und das Niveau auf mindestens 48 Prozent festschreiben. Ähnlich wie die FDP treten die Grünen für eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge ein, im Detail gibt es aber Unterschiede. Den Grünen schwebt ein öffentlich verwalteter Bürgerfonds vor, den Liberalen eine gesetzliche Aktienrente.
Familien
SPD und Grüne sprechen sich für eine Kindergrundsicherung aus, das bestehende staatliche Einzelmaßnahmen wie Kindergeld, Kinderzuschlag und Hartz IV bündeln und ersetzten soll. Die FDP verfolgt einen anderen Ansatz mit dem "Kinderchancengeld", das aus einem Grundbetrag, Flexibetrag und einem "nichtmateriellen Chancenpaket" bestehen soll.
Mieten
Die SPD tritt für ein Mietenmoratorium in angespannten Wohnungsmärkten ein, das für fünf Jahren nur geringe Steigerungen zulässt. Die bereits vorhandene Mietpreisbremse soll dauerhaft festgeschrieben und Schlupflöcher sollen geschlossen werden.
Die Grünen wollen Mietobergrenzen im Bestand mit einem Bundesgesetz ermöglichen. Reguläre Erhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des Mietspiegels begrenzt werden. Die FDP steht hier klar gegen die anderen beiden Parteien. Sie will die Mietpreisbremse abschaffen und einen bundesweiten Mietendeckel verhindern.
Cannabis
FDP und Grüne sind für eine Legalisierung von Cannabis und einen "Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften". Eine "Entkriminalisierung" könnte beiden Parteien zufolge auch weniger Ressourcen bei Polizei und Justiz binden und den Schwarzmarkt austrocknen.
Die Freien Demokraten sehen dadurch mögliche Steuereinnahmen von bis zu einer Milliarde Euro - Geld, das in Suchtprävention und Behandlung gesteckt werden könnte. Die SPD hingegen befürwortet eine "regulierte Abgabe" an Erwachsene zunächst in Modellprojekten, die mit Präventions- und Beratungsangeboten begleitet werden.
- Kritik an möglicher Cannabis-Legalisierung
Cannabis sei eine gefährliche und oft verharmloste Droge, sagen die Polizeigewerkschaften. Sie warnen die möglichen Ampel-Koalitionäre eindringlich vor einer Legalisierung.
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Liveblog- Ringen um die Ampel - und um einen Neustart
SPD, FDP und Grüne wollen Koalitionsverhandlungen aufnehmen, die CDU will sich selbst erneuern. Wie sieht die neue Bundesregierung aus? Die aktuellen News im Liveticker.