Desinformationskampagnen oder Cyberangriffe bei der Bundestagswahl im September: Warum die deutschen Sicherheitsbehörden von einer verschärften Bedrohungslage ausgehen.
Die Sicherheitsbehörden in Deutschland stellen sich auf Desinformationskampagnen und Störungen zur Bundestagswahl im September ein. Die Gefahr für Manipulationsversuche sei größer als bei vorangegangenen Wahlen, sagte der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, am Dienstag.
Einer der Gründe dafür: In Zeiten der Corona-Pandemie habe die Online-Kommunikation noch einmal an Bedeutung gewonnen. Die Behörden wollen die Sicherheit der Bundestagswahl mit einem hohen Aufwand gewährleisten.
Mögliche Szenarien für Cyberangriffe
Der BSI-Präsident verwies auf Erfahrungen aus anderen Ländern, wie die Manipulationsversuche im US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Es sei davon auszugehen, dass Ähnliches "auch in Deutschland als wirtschaftliche potenteste Macht in Europa attraktiv ist", sagte Schönbohm. Es gebe entsprechende Indikatoren dafür.
So könnten Hacker versuchen, die Accounts von Bundestagskandidaten zu übernehmen und falsche Angaben zu posten. Bestimmte Daten könnten auch zu unpassenden Zeiten veröffentlicht werden. Gestohlene Daten könnten zudem mit anderen vermengt werden, Aussagen seien dann unter Umständen nicht mehr genau nachvollziehbar.
"Das sind alles Szenarien, die eintreten könnten", betonte Schönbohm. Deshalb müsse auch die Abwehrfähigkeit der Kandidaten in diesem Bereich gestärkt werden.
Hacker könnten Zweifel am Wahlergebnis sähen
Auch Bundeswahlleiter Georg Thiel stellt sich auf mögliche Desinformationskampagnen ein. Diese hätten zum Ziel, Zweifel am Wahlergebnis zu provozieren, sagte er auf der Pressekonferenz. "Dem müssen wir entgegenwirken."
Denn die Wählerinnen und Wähler müssten für ihre Willensbildung auf verlässliche Informationen zugreifen können. Er nannte als Beispiel mögliche Falschmeldungen über eine verfrühte Schließung der Wahllokale. Seine Behörde sei auf solche Vorfälle vorbereitet und könne bei Bedarf entsprechend gegensteuern.
Zusätzliches Risiko: vermutlich höhere Briefwahlbeteiligung
Thiel verwies auf die wegen der Pandemie zu erwartende höhere Briefwahlbeteiligung, die zusätzliche Herausforderungen für die Vorbereitung der Wahl schaffe. So müsse etwa zusätzliches Personal bereitgestellt werden. Es gebe aber keinerlei Hinweise darauf, dass es bei der seit 1956 existierenden Briefwahl schon einmal zu Manipulationen gekommen sei.
- IT-Sicherheit in Deutschland "desaströs"
Alarmstufe Rot hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik verhängt. Die Situation sei extrem kritisch. Das ist sie in der IT-Sicherheit schon seit vielen Jahren.