Wunden lecken und kämpferische Appelle beim großen Schaulaufen in Münster. Die möglichen Nachfolger für den Posten des CDU-Chefs bringen sich beim Parteinachwuchs in Position.
Drei Wochen nach dem Wahldesaster für die Union bei der Bundestagswahl setzt die Junge Union ihren Deutschlandtag für einen Neuanfang fort.
Anders als die CDU-Politiker Armin Laschet und Friedrich Merz hat Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus in Münster erneut scharfe Kritik an dem Sondierungsergebnis von SPD, Grünen und FDP geübt. Er gilt neben dem Wirtschaftsexperten Friedrich Merz, Gesundheitsminister Jens Spahn, Außenpolitiker Norbert Röttgen und Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann als möglicher Bewerber für die CDU-Spitze.
Das am Freitag vorgestellte Sondierungspapier sei ein "soziales Füllhorn" und ein "soziales Wünsch-dir-was".
Finanzierung der Ampel-Pläne laut Brinkhaus offen
"Allen wird alles gegeben", kritisierte Brinkhaus. Die Pläne seien jedoch "überhaupt nicht gegenfinanziert". So stehe nicht klar in dem Papier, dass die Schuldenbremse eingehalten werden solle. Steuererhöhungen solle es keine geben, aber Subventionen sollten abgeschafft werden.
Das bedeute, "dass die Pendlerpauschale abgeschafft, Diesel teurer" werde, sagte der CDU-Politiker weiter. Er warf den drei Parteien zudem vor, dass sie ein anderes Gesellschaftsbild anstrebten und das Familienbild umbauen wollten.
Aus Brinkhaus' Sicht konnte die FDP in den Sondierungen wenig durchsetzen. Das Papier enthalte "erbärmlich wenig" zu den Bereichen Technik und Innovation oder zur Umsetzung der Klimaziele, kritisierte er weiter. Deutschland steuere zudem auf eine "Großstadtkoalition" zu, "da wird das Leben im ländlichen Raum nicht stattfinden".
Gegenwind für Brinkhaus
Für seine Attacken auf die Ampel-Parteien erhielt Brinkhaus allerdings auch Widerspruch aus den Reihen der Jungen Union. Ein Delegierter sagte mit Blick auf den FDP-Vorsitzenden: "Die These, dass mit Christian Lindner der Sozialismus in Deutschland ausbricht, ist zu plump."
Zuvor hatten CDU-Chef und Kanzlerkandidat Laschet sowie der frühere Unionsfraktionsvorsitzende Merz lobende Worte für die Ampel-Pläne gefunden.
Auf Oppositionsrolle eingestimmt
Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hatte am Samstag in Münster die Verantwortung für das historisch schlechte Abschneiden der Union übernommen. Zugleich hatte er auf die Opposition eingestimmt. In dieser Rolle sei es besonders wichtig, "gemeinsam und einheitlich aufzutreten" und "klug und intelligent den Finger in die Wunde zu legen", wenn eine künftige Regierung Fehler mache.
CDU-Parteivize Spahn kündigte an, die Union werde eine konstruktive Opposition sein. "Es war ein beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch." Er gab sich aber auch kämpferisch: "Die CDU ist nicht erledigt."
CSU-Generalsekretär Markus Blume schwor die Union auf eine starke Oppositionsarbeit ein. "Wir müssen jetzt die Realität anerkennen: Wir sind Opposition. Aber wir sind eine starke Opposition."
Einigkeit und Gemeinsamkeiten beschworen
Laschet sagte, es müsse wieder gegen den politischen Gegner gehen und "nicht gegeneinander in der Unionsfamilie". Die Delegierten zollten ihm Respekt für seine selbstkritische Analyse. JU-Chef Tilman Kuban sprach von "brutaler Ehrlichkeit" und "wahrer Größe".
Auch der stellvertretende CSU-Parteivorsitzende Manfred Weber mahnte in der "Bild am Sonntag", das "Laschet-Bashing" müsse ein Ende haben. "Der Spitzenkandidat trägt immer große Verantwortung für ein Wahlergebnis", sagte Weber, der Laschets Kandidatur zuletzt als "Mühlstein um den Hals" bezeichnet hatte.
CSU-Chef Markus Söder hatte dagegen kurzfristig abgesagt, was viele Delegierte in ihren Redebeiträgen kritisierten. In der "Welt am Sonntag" warb Söder nun für ein neues Miteinander der beiden Schwesterparteien. "In Stil und Inhalt sollten wir wieder enger zusammenrücken, anstatt öffentlich übereinander zu reden."