Bundesverfassungsgericht: Politik lässt Richter warten

    Bundesverfassungsgericht:Politik lässt Karlsruher Richter warten

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    von Christoph Schneider
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    Die zwölfjährige Amtszeit von zwei Richtern am Bundesverfassungsgericht endete eigentlich im November, doch die Nachfolge bleibt ungeklärt. Die Politik lässt sich Zeit.

    Auf der Richterbank im Sitzungssaal im Bundesverfassungsgericht liegen Barette der Bundesverfassungsrichter des ersten Senats.
    Zwölf Jahre lang dürfen Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht bleiben - doch die Neubesetzung der Posten gestaltet sich oft langwierig.
    Quelle: dpa

    Monika Hermanns und Peter Huber - die beiden Richterpersönlichkeiten am Bundesverfassungsgericht haben vieles gemeinsam. Beide sind 63 Jahre alt und beide wurden einst durch den Bundestag ans höchste deutsche Gericht in den Zweiten Senat gewählt. Und beide wissen aktuell nicht, wann ihre Amtszeit endet. Denn erst wenn die Nachfolger gewählt und ernannt sind, können sie ausscheiden - bis dahin amtieren sie weiter. Doch wann ihre Nachfolge durch den Bundestag geregelt sein könnte - ungewiss.
    Dabei könnte es so einfach sein. Denn mit dem Eintritt eines jeden Verfassungsrichters ans höchste deutsche Gericht ist klar, wann die einmalige Amtszeit von zwölf Jahren endet. Oder man vollendet das 68. Lebensjahr. Dann scheidet man entsprechend vor dem Ablauf dieser Zeit aus.

    Bundestags-Ausschuss muss tätig werden

    Das Wahlverfahren - die 16 Richterinnen und Richter werden jeweils zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt - folgt einem bislang zwischen SPD, CDU/CSU, sowie Bündnis90/Grüne und der FDP vor vier Jahren abgesprochenen Verteilungsschlüssel. Und der lautet 3 - 3 - 1 - 1. Das heißt, die beiden Senate des Gerichts, mit jeweils acht Richterinnen und Richtern, setzen sich aus drei von der SPD, drei von der Union, einer von den Grünen und einer von der FDP vorgeschlagenen Personalie zusammen. Das heißt aber nicht, dass die Nominierten den jeweiligen Parteien auch angehören müssen.




    Im Fall der beiden ausscheidenden Richter muss der vom Bundestag eingesetzte "Wahlausschuss für die vom Deutschen Bundestag zu berufenden Richter des Bundesverfassungsgerichts" tätig werden. Zentral auch, wer die ausscheidenden Richter einst vorgeschlagen hat - im Fall Hermanns war es die SPD und im Fall Huber die Union. Der Ausschuss macht dann Vorschläge und der Bundestag stimmt darüber ab.

    Schnelle Regelung auch für Bundesverfassungsgericht wichtig

    Immerhin: Einmal tagte das Gremium schon, doch da ging es Ende Mai um die Nachfolge des Verfassungsrichters Andreas Paulus, einst von der FDP nominiert. Wenige Tage später wurde dann Heinrich Wolff, erneut von der FDP vorgeschlagen, vom Bundestag gewählt. Fast drei Monate später aber, als die reguläre Amtszeit von Paulus ging. Eilig hat man es bei den diskreten Personalia, die das höchste deutsche Gericht betreffen, in der Politik selten.
    Dabei wäre eine rechtzeitige Nachfolgeregelung auch für das Bundesverfassungsgericht selbst wichtig. Denn es geht um begonnene Verfahren, die die jeweiligen Senate mit acht Mitgliedern verhandeln. Scheiden Kolleginnen oder Kollegen hier aus, so muss der Senat reduziert weiter beraten und urteilen.

    Besetzung wohl frühestens 2023

    Die neu hinzukommenden Kolleginnen oder Kollegen dürfen aber nicht mehr beteiligt werden, weil sie nicht von Beginn an dabei waren. Ein Dilemma. Gerade für Verfahren, bei denen sich das Richterkolleg nicht einig ist. Dann könnte eine Abstimmung auch mal 3:3 enden. Damit wäre die Beschwerde abgelehnt. Obwohl der Senat vollständig besetzt ist.
    Die nächste Sitzung des Wahlausschusses ist zwischenzeitlich für den 12. Dezember vorgesehen. Und die Tagesordnung umfasst auch drei Punkte. Denn neben der Nachfolge Hermanns und Huber will man auch über die Nachfolge von Verfassungsrichterin Susanne Baer sprechen, deren Amtszeit am 01.02.23 endet.  Parteipolitisch schwierig kann das Procedere eigentlich insgesamt nicht sein, denn einmal darf die SPD, einmal im Fall der Nachfolge Huber die FDP vorschlagen – denn im Zweiten Senat war bislang noch keine juristische Persönlichkeit von der FDP nominiert worden. Dann könnte auch zügig die Wahl durchgeführt werden. Die Ernennung der "Neuen" aber durch den Bundespräsidenten – sie wird wohl eher erst Anfang 2023 erfolgen – dann wären Hermanns und Huber "nur" zwei Monate länger im Amt als vorgesehen. 
    Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF.
    Hinweis der Redaktion: Der letzte Absatz dieses Beitrags wurde am 4. Dezember 2022 um 12:30 Uhr aktualisiert.

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