Teppich ist verlegt, das Podest fast fertig, dahinter weiß auf grau: 17. Bundesversammlung. Bis Sonntag wird gebaut. Dann wählen dort 1.472 Delegierte das neue Staatsoberhaupt.
130 Meter sind es einmal quer von rechts nach links. Auf der einen Seite fließt hinter großen Glasscheiben die Spree, auf der anderen steht das Bundeskanzleramt. Auf dieser nur wenige Meter breiten Flucht, auf den vier Etagen darüber und den Sälen dahinter werden sie alle am Sonntag sitzen. 1.472 Delegierte auf 1,5 Meter Abstand. Sie alle wählen das neue Staatsoberhaupt.
Die meisten sitzen in Sälen
1.472 Wahlfrauen und -männer - so viele waren es noch nie. Im Reichstag wäre für sie alle wegen des Brandschutzes kaum Platz. Dazu noch die Pandemie. Deswegen werden für einen Tag Foyer und Treppenhaus des Paul-Löbe-Hauses zum Bundestag für einen Tag. Noch nicht einmal die Hälfte sitzen unten auf der 130 Meter langen Flucht. Die meisten müssen in angrenzende Säle, haben nur per Bildschirm den Blick auf die schmale Ehrentribüne.
Er dient. Frank-Walter Steinmeier ist seit 2017 im Amt des Bundespräsidenten. Er steht für Deutschland, und er steht ein für Deutschlands Geschichte.
Dort sitzen die, die Bundespräsident oder Bundespräsidentin werden wollen: Frank-Walter Steinmeier, der es die vergangenen fünf Jahre war und bleiben möchte. Gerhard Trabert, den die Linke nominiert hat. Max Otte, der eigentlich CDU-Mitglied ist, aber für die AfD ins Rennen geht. Und Stefanie Gebauer, die für die Freien Wähler antritt.
Live dabei - auf dem Bildschirm
Ehrentribüne heißt aber nicht, dass sie mitten in der Mitte sitzen. Sie ist am schmalen Rand Richtung Kanzleramt. Will Frank-Walter Steinmeier Bundestagspräsident Bärbel Bas auf dem Podest an der Längsseite sehen, müsste er sehr weit geradeaus und dann auch noch um die Ecken schauen.
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"Im ganze Haus sind Fernsehbildschirme verteilt, so dass die Delegierten immer einen guten Blick haben", sagt Frank Bergmann von der Pressestelle des Bundestages, der sich um die Organisation der Bundesversammlung kümmert.
Noch interessanter vielleicht als die Ehrentribüne: "der bunte Block", wie Bergmann es nennt. 110 Delegierte werden in der Mitte der langen Flucht direkt vor dem Präsidium platziert. Dort können die sieben Parteien ihre besonders prominenten Wahlfrauen und -männer platzieren, wie es bei der Wahl des Bundespräsidenten bislang üblich ist.
Neue, alte Promis: Merkel, Drosten und Gloria Viagra
Auch diesmal haben die Bundesländer wieder viele Prominente nominiert. Die 16 Länder dürfen, je nach Größe gestaffelt, genau so viele Delegierte schicken wie der Bundestag. Also jeweils 736 aus Bund und Ländern. Diesmal dabei:
- Politikerinnen und Politiker im Ruhestand: Angela Merkel, Theodor Weigel, Norbert Lammert, Edmund Stoiber, Hannelore Kraft, Edmund Stoiber, Bernhard Vogel, Christine Lieberknecht.
- Neue Pandemie-Promis: Christian Drosten, Lisa Federle, Özlem Türeci, Ricardo Lange.
- Etabliertere Promis: Roland Kaiser, Dietmar Bär, Sibel Kekilli, Hansi Flick, Alexander Gerst, Klaas Heufer-Umlauf, Shary Reeves, Thees Uhlmann, Sasa Stanisic, Igor Levit, Dragqueen Gloria Viagra.
Zuletzt musste Wulff in dritte Runde
Zwei Stunden, so rechnet die Bundesverwaltung, könnte insgesamt der erste Wahlgang dauern. Steinmeier, der nicht nur von den Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP, sondern auch von der Union vorgeschlagen wurde, werden die besten Chancen. Allein die Union stellt mit 445 die meisten Wahlleute.
Wer die absolute Mehrheit erhält, ist gewählt. Erst in einem dritten Wahlgang würde eine einfache Mehrheit reichen. Zuletzt musste Christian Wulff 2012 über drei Runden gehen, bis es klappte. Vier Bundespräsidenten traten bislang nur für eine zweite Amtszeit an: Theodor Heuss, Heinrich Lübke, Richard von Weizsäcker und Horst Köhler.
Empfänge fallen aus
Egal, wer am Sonntag gewählt wird: "Es gibt Blumensträuße, aber keine Häppchen. Es gibt keinen Empfang, keine Partys", sagt Bergmann. Die Fraktionen hätten auf Feierlichkeiten verzichtet, wie sie in pandemiefreien Zeiten üblich waren.
Und noch etwas diktiert die Pandemie: In den außergewöhnlichen Plenarsaal kommt nur, wer einen negativen Corona-Test vorlegen kann. Dafür wird vor dem Reichstag ein Testzentrum aufgebaut, indem tehoretisch in gut zwei Stunden alle Delegierten getestet werden können. Der Impfststatus ist ausnahmsweise an diesem Tag – egal.