Bundeswehr-Einsatz in Mali vorerst ausgesetzt

    Friedensmission in Westafrika:Bundeswehr-Einsatz in Mali vorerst ausgesetzt

    12.08.2022 | 14:37
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    Nach fast zehn Jahren Bundeswehr-Einsatz in Mali zieht Deutschland vorerst die Notbremse. Das könnte die UN-Mission gefährden, sagt Sahel-Experte Ulf Laessing.

    Deutschland setzt den Bundeswehr-Einsatz im westafrikanischen Mali bis auf Weiteres aus. Das teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag in Berlin mit. Die malische Regierung habe der Bundeswehr zum wiederholten Mal Überflugrechte verweigert, hieß es zur Begründung. Mit dem Flug sollte das Personal vor Ort turnusmäßig ausgetauscht werden.

    Bemühungen um Friedensmission von deutscher Seite

    Grundsätzlich sei Deutschland weiterhin bereit, sich an der internationalen Friedensmission zu beteiligen, versicherte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Das mache allerdings nur Sinn, wenn das von der dortigen Regierung unterstützt werde.
    Erst Anfang der Woche war der Leiter der politischen Abteilung des Auswärtigen Amts für Afrika, Lateinamerika, Nah- und Mittelost, Christian Buck, für Verhandlungen nach Mali gereist. Anschließend hieß es, die malische Seite habe signalisiert, die Rotation der Truppen könne in nächster Zeit wieder aufgenommen werden.
    Auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) soll erst am Donnerstag in einem Telefonat mit ihrem malischen Amtskollegen Sadio Camara entsprechende Zusicherungen erhalten haben.
    Bundesverteidigungsministerin Lambrecht zum Mali-Einsatz
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    Laessing: "Sicherheit der SoldatInnen hat oberste Priorität"

    "Die Entscheidung, den Einsatz auszusetzen, ist folgerichtig", sagt Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung auf ZDFheute-Anfrage. "Der Einsatz ist sehr wichtig für die Stabilität Malis, aber die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten hat oberste Priorität", so Laessing.
    "Ich denke, die Aussetzung der Aufklärungs- und Evakuierungsflüge für die UNO-Mission ist ein letzter Versuch Deutschlands, Mali klar zu machen, dass die Bundeswehr einen Abzug erwägt", sagt Laessing. Trotz des Besuchs der deutschen Delegation und des Telefonats mit Verteidigungsministerin Lambrecht habe sich Mali nicht beeindruckt gezeigt.

    Das Land setzt voll auf Russland als Sicherheitspartner.

    Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung

    ZDF-Korrespondentin von Lojewski: Abzug der Deutschen gefährdet die UN-Mission in Mali

    Die ZDF-Afrika-Korrespondentin Susann von Lojewski beschreibt die Lage so: "Seit Wochen provoziert die malische Regierung mit ihren Entscheidungen die deutsche Bundesregierung. Peu à peu macht Staatspräsident Asimi Goita klar: Wir wollen Eure Truppen hier nicht. Obwohl gerade die Bevölkerung im Norden von den Aufklärungsflügen und -fahrten der Bundeswehr profitiert. Seit dem Abzug der Franzosen kam es nahezu täglich zu Anschlägen, Angriffen, Überfällen."
    "Dass nun der Personalwechsel von deutschen UN-Blauhelmsoldaten verweigert wird – obwohl es in dieser Woche ein Telefonat auf Ministerebene dazu gab - konnte Deutschland nicht mehr hinnehmen. Sollte der deutsche Bundestag ein Ende des Mali-Einsatzes beschließen, wird es für die UN extrem schwierig die Mission aufrechtzuerhalten. Die Deutschen waren mit der Organisation der Logistik, Aufklärung und Krankenversorgung ein wesentlicher Bestandteil von Minusma."

    Abzug der Franzosen könnte zu Konflikten mit nachrückenden Russen führen

    Ulf Laessing schätzt, dass Russland triumphieren könnte, weil nach Frankreich nun mit Deutschland der größte UNO-Truppensteller vor dem Abzug steht. Die Bundeswehr, die per Drone Luftaufklärung betreibe und die Minusma seien den Russen ein Dorn im Auge. Da russische Militärs jetzt auch im Norden Malis tätig sind, war der Konflikt unvermeidlich.
    Wenn kommende Woche der letzte französische Soldat den Bundeswehr-Standort Gao verlässt werden die Russen wohl nachrücken nimmt Laessing an: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Russen sich die Gelegenheit nehmen lassen, in Gao einzuziehen, um weitere Unruhe bei der Bundeswehr und der Minusma zu provozieren -- die Russen wären dann in direkter Nachbarschaft zur Bundeswehr. Man müsste sich den Flughafen Gao teilen, was viele Probleme schaffen würde. Wer darf wann fliegen?", erklärt Laessing.

    Die Furcht vor einer Ankunft der Russen dürfte auch bei der Entscheidung Deutschlands eine Rolle gespielt haben, den Einsatz auszusetzen.

    Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung

    Laessing befürchtet Spirale der Gewalt gegen die auch die Russen machtlos sind

    Zudem habe sich die Sicherheitslage in Mali in den letzten Wochen noch einmal verschlechtert. Es habe Anschläge im Norden und im Süden gegeben. In Nord-Mali östlich des Bundeswehr-Standorts hat der Islamische Staat eine Offensive gestartet. Diese Woche wurden außerdem mehr als 40 malische Soldaten in der Nähe von Gao von Dschihadisten getötet.

    Das alles zeigt, wie gefährlich der Einsatz geworden ist.

    Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung

    Gegenüber ZDFheute schätzt Laessing: "Die Minusma wird sehr unter der Aussetzung des deutschen Einsatzes leiden, weil die Bundeswehr die Evakuierung von Verwundeten und ein tägliches Lagebild erstellt -- die UNO wird kaum noch Patroullien machen können. Damit setzt eine Spirale der Gewalt ein, weil die Dschihadisten noch mehr in die Offensive gehen werden. Daran werden die russischen Militärs hier auch nichts ändern."

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    :Ex-Söldner der "Wagner-Gruppe" packt aus

    Selbst Moskaus Machtzentrale leugnet nicht mehr, dass es mit "Wagner" eine russische Söldner-Gruppe gibt. Jetzt packt ein Ex-Söldner aus und gibt Einblicke in deren Einsätze.
    Montage: Abzeichen der Wagner Gruppe, rechts ein Söldner mit Schirmmütze, Sonnenbrille und Maschinengewehr in der Hand
    Quelle: dpa, AFP

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